Fazit
Die Vereinfachung eines Brennstoffwechsels kann den Betreibern von Energie- und Industrieanlagen neue Optionen eröffnen, um mit den steigenden Gaspreisen umzugehen und den Risiken einer Gasknappheit entgegenzuwirken. Europarechtliche Grundlage ist die Richtlinie 2010/75/EU (Industrie-Emissionsrichtlinie/IE-RL), deren Art. 30 Abs. 5 eine Abweichung bei Mangellagen ermöglicht. Diese Mangellage, konkretisiert in 31a – 31d BImSchG, ist laut Bundestagsdrucksache 20/2664 als gegeben anzusehen.
Dennoch seien die Verfahren weiterhin zu langwierig, um schnellstmöglich auf andere Energieträger umzustellen, kritisiert der Industrieverband BDI. Gefordert wird etwa, dass das europäische Umweltrecht vorübergehend nicht zur Anwendung gebracht werden sollte. Zudem müsste die Abweichungsverordnung nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 EnSiG zügig erlassen werden, mit der befristete Gesetzesabweichungen zur Prävention von Krisenfällen ermöglicht werden.
Auf europäischer Ebene wird nach einem Vorschlag der Kommission nun im Ministerrat und Parlament über eine Verordnung zu koordinierten Maßnahmen für die Senkung der Gasnachfrage beraten. Die Mitgliedstaaten hatten sich zuvor auf eine rechtlich unverbindliche Senkung der Gasnachfrage im Umfang von 15 % verständigt. Der Entwurf der Kommission sieht in den Art. 4 ff. die Möglichkeit eines „Unionsalarms“ vor, mit dem die Mitgliedstaaten in Ausnahmefällen zu konkreten Maßnahmen zur Reduktion der Gasnachfrage verpflichtet werden könnten.
Für Betreiber verbleiben trotz der erlassenen Gesetzesänderungen offene Rechts- und Verfahrensfragen, die sich im Rahmen eines umfangreichen Brennstoffwechsels ergeben. Insbesondere die strafrechtliche Relevanz eines nicht genehmigten Anlagebetriebs (vgl. etwa § 327 StGB) macht eine umfassende Rechtsprüfung erforderlich, um auch bei einem Brennstoffwechsel compliant zu sein.