1 Minuten Lesezeit 7 August 2022
Vertragsverhandlung

Catch-all-Klausel ist keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme

Autoren
Marko Loose

Partner | Head of Employment Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Marko Loose ist Rechtsanwalt und leitet den Bereich Arbeitsrecht bei EY Law in Deutschland.

Julia Klein

Director | Rechtsanwältin | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Julia Klein ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei EY Law und im Bereich Arbeitsrecht tätig.

1 Minuten Lesezeit 7 August 2022
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Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 13.01.2022, 8 Ca 1229/10

Überblick
  • Eine allgemein gehaltene arbeitsvertragliche Regelung, die sich uferlos auf alle während des Arbeitsverhältnisses erhaltenen betrieblichen Informationen erstreckt (sog. Catch-all-Klausel), ist keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme i. S. v. § 2 Nr. 1 b GeschGehG. 
  • Hierfür bedarf es vielmehr einer konkreten und transparenten Regelung.

Die Klägerin ist u. a. ein weltweit führender Hersteller von Verpackungsmaterialien und liefert diese im Gegensatz zur Konkurrenz in Form von Verpackungsmänteln, sog. Sleeves. Der Beklagte war bei der Klägerin beschäftigt und maßgeblich an der Weiterentwicklung der Produkte beteiligt. Der Arbeitsvertrag des Beklagten enthielt die folgende Regelung: „Herr H. wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten […] Stillschweigen bewahren […] Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus […]“ Ziffer 14 des Arbeitsvertrags regelt, dass sich der Beklagte dazu verpflichtet, auf Verlangen der Klägerin eine Vereinbarung über ein Wettbewerbsverbot einzugehen. Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung kam es nicht. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis. Während der Kündigungsfrist im Jahr 2015 versandte der Beklagte mehrere E-Mails nebst Anlagen (Leistungsdaten, Prozessparameter zu Produktionsmaschinen, technische Produktdaten) an einen Konkurrenten. Die Klägerin erfuhr 2018 davon und legte u. a. Klage beim Arbeitsgericht auf Untersagung ein.

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Ein Unterlassungsanspruch folge nicht aus dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG). Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Informationen Geschäftsgeheimnisse seien. Angesichts des Sachvortrags des Beklagten zur Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte sowie zur Möglichkeit der Ermittlung der notwendigen Parameter mittels Reverse Engineering hätte die Klägerin im Einzelnen vortragen müssen, warum ein Reverse Engineering nicht möglich sei. Zudem fehle es an angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen. Die arbeitsvertragliche Catch-all-Klausel lasse nicht erkennen, welche Informationen Geschäftsgeheimnisse seien. Dadurch würde § 2 Nr. 1b GeschGehG seines Inhalts und Zwecks entleert. Zwar gelte im Arbeitsverhältnis Verschwiegenheit als Nebenpflicht, den Anforderungen des GeschGehG werde dies aber nicht gerecht. Zudem sei für den Arbeitnehmer nicht erkennbar, in Bezug auf welche Informationen genau Verschwiegenheit gelte. Die verwendete Catch-all-Klausel sehe zudem eine Bindung ohne zeitliche Beschränkung vor, was dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers zuwiderlaufe und ebenfalls gegen AGB-Vorschriften verstoße.

Fazit

Damit ein Geschäftsgeheimnis als solches nach GeschGehG anerkannt wird, ist es – anders als früher – notwendig, arbeitsrechtliche Geheimhaltungsmaßnahmen zu treffen. Allgemein gehaltene Verschwiegenheitsklauseln genügen nicht. Es sollte daher eine Klausel gewählt bzw. eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen werden, die Bezug auf die konkrete betriebliche Situation nimmt und auch eine zeitliche Grenze vorsieht.

Einzelheiten dazu finden Sie auch in unserem Brennpunktartikel im Employment Law Newsletter vom 3. Quartal 2019.

Über diesen Artikel

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Marko Loose

Partner | Head of Employment Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Marko Loose ist Rechtsanwalt und leitet den Bereich Arbeitsrecht bei EY Law in Deutschland.

Julia Klein

Director | Rechtsanwältin | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Julia Klein ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei EY Law und im Bereich Arbeitsrecht tätig.