3 Minuten Lesezeit 17 Juni 2021
Wald

Entwurf der EU Kommission für neue Beihilfeleitlinien – Auswirkungen auf die Besondere Ausgleichsregelung

Von Christoph Fabritius

Partner | Infrastructure Markets Leader Tax & Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Leidenschaftlicher Prozessanwalt und Berater. Begeisterter Düsseldorfer, wo er mit der Familie lebt. Liebt auch die Ruhe, beim Snowboarden, Segeln und Golfen.

3 Minuten Lesezeit 17 Juni 2021

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Verschärfte Anforderungen an die EEG-Umlagenbegrenzung

Überblick
  • Stellungnahmen zum Entwurf sind für alle Interessierten bis zum 2. August 2021 möglich.
  • Die Vorgaben für Energiebeihilfen werden verschärft. Für die Besondere Ausgleichsregelung nach dem EEG bedeutet dies u. a., dass zukünftig der Kreis der privilegierten, stromkostenintensiven Branchen erheblich verkleinert und die Anforderungen erhöht werden.

Am 7. Juni 2021 hat die EU-Kommission einen Entwurf der Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen veröffentlicht. Alle Interessierten können bis zum 2. August 2021 Stellung dazu nehmen. Diese Frist ist kürzer als sonst üblich, um eine rechtzeitige Verabschiedung der Leitlinien als Teil der Maßnahmen zur Umsetzung des Green Deal zu gewährleisten. Die neuen Leitlinien sollen Ende 2021 von der EU-Kommission angenommen werden und ab 1. Januar 2022 gelten.

Hintergrund

Die neuen Leitlinien sollen die bisherigen Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014–2020 ablösen. Im Rahmen einer Evaluierung der geltenden Leitlinien durch die EU-Kommission wurde zwar festgestellt, dass diese Vorschriften gut funktionieren, insgesamt zweckmäßig und ein wirksames Instrument zur Verwirklichung der Umwelt- und Klimaziele der EU sind, aber dennoch einer Überarbeitung bedürfen. Maßgeblich für die Überarbeitung ist eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Leitlinien auf neue Bereiche (z. B. saubere Mobilität, Energieeffizienz von Gebäuden, Kreislaufwirtschaft und Biodiversität) und alle Technologien, die den Green Deal ermöglichen. Dieser erweiterte Geltungsbereich der Leitlinien muss mit Schutzmaßnahmen einhergehen, um sicherzustellen, dass die Beihilfen tatsächlich dorthin gelenkt werden, wo sie zur Verbesserung des Umweltschutzes benötigt werden, auf das zur Erreichung der Umweltziele erforderliche Maß beschränkt sind und den Wettbewerb oder die Integrität des Binnenmarktes nicht verzerren. Die Überarbeitung zielt auch darauf ab, die Angleichung und Kohärenz mit den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen Umwelt und Energie zu gewährleisten und die schrittweise Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe zu erleichtern.

Auswirkungen auf die Besondere Ausgleichsregelung

Die EU-Kommission hat mit Blick auf die geltenden Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen bereits mehrfach Anpassungen des EEG verlangt. Zwischenzeitlich war aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 28. März 2019 zum EEG 2012 fraglich, welche Fassungen des EEG überhaupt als Beihilfe anzusehen sind. Seit 1. Januar 2021 wird ein Teil der Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel zur Absenkung der EEG-Umlage verwendet wird, womit auch die Bundesregierung im Zusammenhang mit der EEG-Umlage von einer Beihilfe ausgeht.

Die Vorgaben, die sich auf die Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung auswirken, finden sich im Abschnitt 4.11 („Aid in the form of reductions from electricity levies for energy-intensive users“). Besonders erwähnenswert sind die folgenden geplanten Neuerungen:

1. Berechtigte Branchen

Nur für Unternehmen in Branchen, die in Anlage 4 des EEG aufgeführt sind, kommt ein Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung in Betracht. Anlage 4 des EEG entspricht dabei – mit wenigen Ausnahmen – den Anlagen 3 und 5 der aktuellen Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen. Dort sind die Branchen/Wirtschaftszweige aufgeführt, deren Wettbewerbsposition aufgrund ihrer Strom- und Handelsintensität in Anbetracht der Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien gefährdet wäre. Nach den derzeit noch geltenden Leitlinien (Fn. 84) ist dies bei Wirtschaftszweigen einer der folgenden Arten der Fall:

  • Handelsintensität von mindestens 10 Prozent und Stromkostenintensität von mindestens 10 Prozent, jeweils auf EU-Ebene.
  • Handelsintensität von mindestens 4 Prozent und Stromkostenintensität von mindestens 20 Prozent, jeweils auf EU-Ebene, oder wirtschaftlich ähnliche Wirtschaftszweige (z. B. aufgrund von Substituierbarkeit).
  • Stromkostenintensität von mindestens 7 Prozent und einer Handelsintensität von mindestens 80 Prozent, jeweils auf EU-Ebene.

Nach dem Leitlinienentwurf sollen die Beihilfen auf Branchen beschränkt werden, die aufgrund der beihilfefähigen Abgaben einen erheblichen Wettbewerbsnachteil haben und Gefahr laufen, ihren Standort außerhalb der EU zu verlagern. Dies sei nur der Fall für Unternehmen in einer Branche

  • mit einer Handelsintensität von mindestens 20 Prozent und einer Stromkostenintensität von mindestens 10 Prozent, jeweils auf EU-Ebene, oder
  • mit einer Stromkostenintensität von mindestens 7 Prozent und einer Handelsintensität von mindestens 80 Prozent, jeweils auf EU-Ebene.

Die Branchen, die diese Kriterien erfüllen, sind in Anhang I aufgeführt. Aufgrund der engeren Voraussetzungen wird die Anzahl der Branchen deutlich reduziert. Mit Blick auf die Liste 1 der Anlage 4 des EEG fallen über 20 Branchen weg (u. a. Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Herstellung von Wellpapier und -pappe sowie von Verpackungsmitteln aus Papier, Karton und Pappe, Herstellung von Industriegasen, Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen, Herstellung von Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Stahl-, Leichtmetall- und Buntmetallgießereien). Die Branchen der Liste 2 der Anlage 4 des EEG sind bis auf wenige Ausnahmen (u.a.  Eisenerzbergbau, Herstellung von Parketttafeln, Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen, Herstellung von Glasfaserkabeln) gar nicht mehr gelistet.

Sprechen Sie uns gern an, wenn Sie eine vollständige Liste aller in der Anlage 4 des EEG gelisteten Branchen haben wollen, die im aktuellen Leitlinienentwurf noch gelistet und nicht mehr gelistet sind.

2. Mindestschwelle von Abgaben in Euro/MWh

Eine Reduktion von Abgaben darf nach dem Leitlinienentwurf nur dann gewährt werden, wenn die Abgabe eine – noch zu bestimmende – kumulative Mindesthöhe in Euro/MWh erreicht. Diese Mindesthöhe geht vom regulären Satz der Abgabe aus. 

Auch wenn die EEG-Umlage in Zukunft wie prognostiziert sinken wird und die Mindesthöhe der Belastung mit der Abgabe für die Gewährung einer Reduktion noch nicht bestimmt ist, ist zu erwarten, dass in absehbarer Zeit aufgrund der Höhe der regulären EEG-Umlage ihre Begrenzung auch weiterhin nach der Besonderen Ausgleichsregelung erfolgen kann.

3. Höhe der Begrenzung

Derzeit erfolgt eine Begrenzung auf grundsätzlich 15 Prozent der EEG-Umlage (ab der zweiten GWh) ohne Berücksichtigung des sog. (Super) Cap. Nach dem Leitlinienentwurf soll ein begrenztes Unternehmen jedoch mindestens 25 Prozent der EEG-Umlage zahlen.

Darüber hinaus soll nach dem Leitlinienentwurf, der für viele Unternehmen relevante Super Cap von 0,5 Prozent auf 1,5 Prozent der Bruttowertschöpfung erhöht werden.

4. Energieeffizienzmaßnahmen

Bisher muss ein Unternehmen für eine Begrenzung der EEG-Umlage ein zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem oder, sofern das Unternehmen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr weniger als 5 GWh Strom verbraucht hat, ein alternatives System zur Verbesserung der Energieeffizienz aufweisen. Der Leitlinienentwurf sieht nun zusätzlich Folgendes vor:

  • Im Audit empfohlene Energieeffizienzmaßnahmen müssen umgesetzt werden, sofern die Amortisationszeit für die entsprechenden Investitionen drei Jahre nicht überschreitet und die Kosten verhältnismäßig sind, oder
  • Unternehmen müssen 30 Prozent ihres Stromverbrauchs aus CO2-freien Erzeugungsquellen decken oder
  • Unternehmen müssen 50 Prozent der gewährten Beihilfe (d. h. Differenz zwischen reduzierter und regulärer Umlage) in Projekte investieren, die zu einer erheblichen Absenkung der Treibhausgasemissionen führen.

Fazit

Die Anforderungen an eine Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung können und müssen ggf. auf der Basis des Leitlinienentwurfs erheblich verschärft werden. Für bereits von der EU-Kommission genehmigte Regelungen des EEG wird dies voraussichtlich erst bedeutsam, wenn diese Regelungen von Deutschland angepasst werden oder deren Genehmigung ausläuft. Interessant ist besonders die Herausnahme der Branche „Herstellung von Industriegasen“ vor dem gewünschten Markthochlauf der Wasserstofferzeugung und dem erst kürzlich ins EEG 2021 eingeführten – aber noch nicht durch die EU-Kommission genehmigten – Begrenzungstatbestand des § 64a EEG für die Wasserstoffherstellung. Allerdings finden sich im Leitlinienentwurf an anderen Stellen Möglichkeiten zur Förderung der Wasserstoffherstellung.

Wir raten besonders den Unternehmen, die nach dem Leitlinienentwurf nicht mehr zu den privilegierten, stromkostenintensiven Branchen zählen, die Möglichkeit zur Stellungnahme gegenüber der EU-Kommission bis zum 2. August 2021 wahrzunehmen. Hierbei und zu allen Fragen zum Entwurf der neuen Beihilfeleitlinie unterstützen wir Sie mit unserem interdisziplinären EY-Kompetenzteam sehr gern.

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