3 Minuten Lesezeit 17 August 2022
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Europaweit grenzüberschreitend umwandeln

Von Christian Pfeffer, LL.M., M.A. (Taxation)

Director | Württembergischer Notariatsassessor | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Christian Pfeffer ist Württembergischer Notariatsassessor bei EY Law und Master of Laws (Wirtschaftsrecht & Restrukturierung) mit Schwerpunkt Gesellschaftsrecht.

3 Minuten Lesezeit 17 August 2022
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Deutschland setzt die Umwandlungsrichtlinie in nationales Recht um

Überblick
  • Die grenzüberschreitende Umwandlung von Unternehmen wird europaweit geregelt. Dazu hat der Bundestag nun das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) verabschiedet. 
  • Damit wird das EU-Recht über grenzüberschreitende Umwandlungen umgesetzt – dazu sind die 27 Mitgliedstaaten bis zum 31. Januar 2023 verpflichtet. Ziel der Richtlinie ist die Einführung eines rechtssicheren, europaweit einheitlichen Verfahrens. 
  • Darüber hinaus enthält das UmRUG zahlreiche Neuerungen für nationale Umwandlungen. 
  • So sollen etwa auch für innerstaatliche Umwandlungen die Regelungen zum Verschmelzungsbericht und zur Verschmelzungsprüfung angepasst und die Rechte von Minderheitsgesellschaftern vereinheitlicht werden.

Bisher sah das deutsche Umwandlungsrecht nur die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung vor. Durch das UmRUG wird nun ein klarer Gesetzesrahmen auch für grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel geschaffen. Grenzüberschreitende Umwandlungen bleiben grundsätzlich jedoch weiterhin nur Kapitalgesellschaften in den Rechtsformen GmbH, AG und KGaA vorbehalten. Personengesellschaften bleiben bei grenzüberschreitenden Umwandlungen damit weiterhin außen vor – mit einer Ausnahme: Die in § 122b Absatz 1 Nr. 2 UmwG geregelte grenzüberschreitende Hereinverschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft mit in der Regel nicht mehr als 500 Arbeitnehmern wird auch künftig die einzige grenzüberschreitende Umwandlung darstellen, bei der auf deutscher Seite eine Personengesellschaft als übernehmender Rechtsträger involviert werden kann.

Digitale Kommunikation der Registergerichte

Zur effizienten Umsetzung grenzüberschreitender Umwandlungen wird die Harmonisierung des grenzüberschreitenden Registervollzugs angestrebt. Insbesondere sollen die nationalen Handelsregister umfangreicher digital miteinander kommunizieren. Zudem sollen Vorabbescheinigungen über erfolgte Eintragungen direkt über das Europäische System der Registervernetzung (Business Register Interconnection System – BRIS) übermittelt werden. Darüber hinaus werden die Prüfungspflichten der Registergerichte substanziell erweitert. Registergerichte sollen zukünftig im Rahmen einer echten Missbrauchskontrolle vor einer Eintragung inhaltlich prüfen, ob grenzüberschreitende Verschmelzungen zu betrügerischen, kriminellen oder missbräuchlichen Zwecken vorgenommen werden, worunter im Einzelfall auch die gezielte Entziehung oder Umgehung von Arbeitnehmerrechten fallen kann.

Schutz der Gesellschafter

Eine grenzüberschreitende Umwandlung kann für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft einen nachteiligen Eingriff in ihre Mitgliedschaftsrechte bedeuten, da sie durch die Umwandlung zu Gesellschaftern einer Gesellschaft im EU-Ausland werden. Es ist daher ein Austrittsrecht der Gesellschafter gegen eine angemessene Barabfindung vorgesehen. Zudem wird das Recht auf Verbesserung eines unangemessenen Umtauschverhältnisses gestärkt.

Stärkung der Arbeitnehmer- und Mitbestimmungsrechte

Arbeitnehmer sollen bei grenzüberschreitenden Umwandlungen frühzeitig beteiligt werden, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können. Der Verschmelzungsbericht etwa soll dem zuständigen Betriebsrat beziehungsweise, wenn es keinen gibt, den Arbeitnehmern der Gesellschaft spätestens sechs Wochen vor Fassung des Zustimmungsbeschlusses zugänglich gemacht werden. Derzeit ist eine Frist von einem Monat vorgesehen. Weiter erhalten die Arbeitnehmer das Recht zur Stellungnahme zum Verschmelzungsbericht. Um eine „Flucht aus der Mitbestimmung“ zu vermeiden, soll die Pflicht zur Verhandlung über die Mitbestimmung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen nicht erst beim Erreichen des Schwellenwerts, der eine Mitbestimmung zur Folge hat, erforderlich werden (in Deutschland 500 Arbeitnehmer). Vielmehr soll dies schon dann geschehen, wenn vier Fünftel des Schwellenwerts erreicht werden (Vier-Fünftel-Regelung). Maßgeblich sind hier die sechs Monate vor Veröffentlichung des Umwandlungsplans. Weiter sind Überbrückungsregelungen für bisherige Mitbestimmungsvorschriften vorgesehen.

Steuerliche Aspekte

Für das Steuerrecht ist das UmRuG insbesondere im Hinblick auf die Ausweitung der grenzüberschreitenden Umwandlungen von Bedeutung. Grundsätzlich bildet für das Umwandlungssteuerrecht zwar das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) die rechtliche Grundlage. Allerdings weist das UmwStG wesentliche Beziehungen zum Zivilrecht (UmwG) auf. Auch wenn es sich um zwei getrennte Rechtsgebiete handelt, müssen steuerliche Umwandlungen und Einbringungen stets nach den zivilrechtlichen Vorschriften zulässig und wirksam sein. Dies ergibt sich aus der sog. Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts (vgl. Tz. 1.02 des Umwandlungssteuererlasses).

Daneben basiert das UmwStG in Teilen auf der Fusionsrichtlinie (FusionsRL; Richtlinie vom 19. Oktober 2009, RL 2009/133/EG) und damit auf Vorgaben der EU. Ziel der FusionsRL war es bereits bisher grenzüberschreitende Umwandlungen zu harmonisieren und somit zu erleichtern. Durch die (bislang) fehlenden zivilrechtlichen Möglichkeiten von grenzüberschreitenden Umwandlungen und die zwingende Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts für das Umwandlungssteuerrecht waren in der Vergangenheit grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel steuerlich teilweise nicht möglich, wenn es sich bei der übernehmenden oder übertragenden Gesellschaft um einen inländischen Rechtsträger handelt. Insoweit ist die Ausweitung der zivilrechtlichen Möglichkeiten für grenzüberschreitende Formwechsel, Sitzverlegungen und Spaltungen (zur Neugründung wie zur Aufnahme) auch aus steuerlicher Sicht zu begrüßen.

Dabei ist zu beachten, dass die EU-Umwandlungsrichtlinie sowie der aktuelle Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie nur für Kapitalgesellschaften gilt. Damit wird weiterhin keine Rechtsgrundlage für grenzüberschreitende Umwandlungen von Personengesellschaften bestehen. Auch insoweit ist das Steuerrecht schon weiter, in dem es gem. § 24 UmwStG Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in eine inländische oder typusentsprechende ausländische Personengesellschaft zum Buchwert global zulässt. Auch in Bezug auf Verschmelzungs- und Spaltungsfälle ist das Steuerrecht trotz UmRuG weitgehender als das Zivilrecht. Durch das Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz (KöMoG) wurden diese Fälle internationalisiert und mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 sind auf Antrag buchwertverknüpfte Übertragungen (bei sichergestellter deutscher Besteuerung der stillen Reserven) auch über den EU/EWR-Raum hinaus für Gesellschafter aus Drittstaaten möglich. Die Vergleichbarkeit der ausländischen Umstrukturierungen mit Inlandsfällen muss allerdings weiterhin gegeben sein. Ebenso gilt weiterhin die Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts, sodass auch in Zukunft eine noch weitergehende zivilrechtliche Öffnung für steuerliche Zwecke wünschenswert wäre, um einen sicheren Rechtsrahmen zu schaffen.

Fazit

Sowohl für deutsche als auch andere EU-Gesellschaften gibt es nun Rechtssicherheit hinsichtlich der Durchführung grenzüberschreitender Umwandlungen. Ob die erlangte Rechtssicherheit zu einer Beschleunigung des Verfahrens führt, bleibt aufgrund der stärkeren Einbindung der Arbeitnehmer(-vertreter), des erhöhten Schutzes der Gesellschaftsgläubiger und der erweiterten Prüfungspflichten der beteiligten Handelsregister abzuwarten. Für die erfolgreiche Durchführung einer grenzüberschreitenden Maßnahme wird damit deren frühzeitige Planung und Vorbereitung umso wichtiger.

Über diesen Artikel

Von Christian Pfeffer, LL.M., M.A. (Taxation)

Director | Württembergischer Notariatsassessor | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Christian Pfeffer ist Württembergischer Notariatsassessor bei EY Law und Master of Laws (Wirtschaftsrecht & Restrukturierung) mit Schwerpunkt Gesellschaftsrecht.