3 Minuten Lesezeit 7 September 2022
Kohlekraftwerk

Geplante Änderungen beim Nationalen Brennstoffemissionshandel

Von Ralf Reuter

Director | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Ralf Reuter ist Rechtsanwalt bei EY Law und im Bereich Energierecht tätig.

3 Minuten Lesezeit 7 September 2022
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Anlass der Aktualisierung und wesentliche Anpassung

Überblick

  • Die Bundesregierung hat am 5. August 2022 ihren Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet.
  • Der Bundesrat ist nun berechtigt, bis zum 16. September zu diesem Entwurf Stellung zu nehmen. Anschließend folgt das parlamentarische Verfahren.
  • Wesentliche Änderungen betreffen die CO2-Bepreisung von Kohle und von Abfällen.

Schon die letzte Bundesregierung hatte mit dem BEHG einen nationalen Zertifikatehandel für die Sektoren Wärme und Verkehr eingeführt, um jede emittierte Tonne CO2 zu bepreisen, soweit die Brennstoffemissionen nicht bereits dem europäischen Emissionshandelssystem (EU Emissions Trading System – EU-ETS) unterliegen. Seit dem Start des nationalen Brennstoffemissionshandels zum 1. Januar 2021 werden daher Benzin, Diesel, Erdgas und Flüssiggas mit einem CO2-Preis belegt. Für alle weiteren Brennstoffe wurde der Beginn der Regelungen um zwei Jahre auf den 1. Januar 2023 verschoben, so dass sich die Zahl der BEHG-Verantwortlichen ab 2023 deutlich erhöhen wird. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf sollen neue Ausgestaltungsregelungen für die ab dem Jahr 2023 der CO2-Bepreisung unterliegenden Brennstoffe in das Gesetz aufgenommen werden, wobei der Schwerpunkt bei Regelungen für Kohle und Abfälle liegt. Der bislang im BEHG geltende Grundsatz, wonach diejenigen Unternehmen als berichts- und abgabepflichtig gelten, die auch Steuerschuldner der Energiesteuer sind, soll für Kohle und Abfälle nicht gelten.

Neue Regelungen für Kohle

Da die Energiesteuer regelmäßig nicht vor der steuerfreien Kohleverwendung (§ 37 EnergieStG) entsteht, soll die Regelung im BEHG insoweit angepasst werden, dass das Inverkehrbringen im Sinne des BEHG in den dort geregelten Fällen an die steuerfreie Verwendung im Rahmen eines Verfahrens nach § 37 Absatz 2 Nummer 3 oder Nummer 4 EnergieStG anknüpft. Verantwortlicher ist nach dem Entwurf die Person des Erlaubnisinhabers gemäß § 37 Absatz 1 Satz 1 EnergieStG. Ausgenommen von der CO2-Bepreisung sind steuerfreie Verwendungen von Kohle in Anlagen, die dem EU-ETS unterliegen, da bei Einsatz in diesen Anlagen bereits eine CO2-Bepreisung nach dem EU-ETS stattfindet und keine zusätzliche CO2-Bepreisung derselben Emissionen nach dem BEHG erfolgen soll.

Einbeziehung von Abfällen ab 2023

Unklar war bislang, ob auch Abfälle als Brennstoffe i.S.d. BEHG anzusehen sind, da das BEHG die CO2-Bepreisung bislang an das Entstehen der Energiesteuer angelehnt hat (vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 BEHG) und Abfälle regelmäßig nicht der Energiesteuer unterliegen (vgl. § 1b Abs. 1 EnergieStV). Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird nun aber klargestellt, dass auch die Abfallverbrennung ab 2023 in den nationalen Emissionshandel einbezogen werden soll.

Durch die geplante Änderung der Anlage 1 des BEHG gelten auch Waren als Brennstoffe i.S.d. BEHG, die als Abfälle oder sonstige Stoffe in immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallanlagen verwertet und beseitigt werden. Lediglich für Klärschlämme sieht der Entwurf, wie auch schon die bisherige Gesetzesfassung, eine Privilegierung vor.

Bei der Bepreisung dieser Emissionen soll auf die tatsächliche Freisetzung der Abfallemissionen abgestellt werden unabhängig von einer etwaigen Besteuerung nach dem EnergieStG. Nach dem § 2 Absatz 2a BEHG-E sollen diese Brennstoffe als in Verkehr gebracht gelten, wenn sie in immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallanlagen nach Nummer 8.1.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV , d.h. in Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung von Abfällen, eingesetzt werden. Verantwortlicher i.S.d. BEHG soll zukünftig der Betreiber dieser Verbrennungsanlage sein.

Im Übrigen wird nach dem aktuellen Entwurf ebenfalls klargestellt, dass die abfallstämmigen Brennstoffe nicht im Sinne des BEHG in Verkehr gebracht werden, sofern die betreffende Anlage dem EU-ETS unterliegt.

Weitere geplante Änderungen

  • Zudem werden mit dem Gesetzentwurf die Regelungen zur Datenübermittlung zwischen der Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) und anderen Behörden (insbesondere den Hauptzollämtern) zum Zwecke der Überprüfung der emissionshandelsrechtlichen Verpflichtungen angepasst.
  • Auch sollen einige Privilegierungsregelungen für Brennstoffemissionen aus Biomasse zur Vermeidung negativer Effekte stärker differenziert werden, beispielsweise für Brennstoffemissionen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen und aus Rohstoffen mit hohem Risiko indirekter Landnutzungsänderung.
  • Zudem soll klargestellt werden, dass Doppelbelastungen durch BEHG und EU-ETS auch dann nicht bestehen, wenn der EU-ETS-Anlagenbetreiber identisch ist mit dem für die betreffende Brennstoffmenge Verantwortlichen nach dem BEHG. Dies betrifft zum Beispiel die Fälle der Entnahme von Erdgas aus dem Leitungsnetz nach § 38 Absatz 2 Nummer 2 EnergieStG, in denen der entnehmende Verwender Steuerschuldner und damit auch BEHG-Verantwortlicher ist.

Fazit

Insbesondere Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen sollten sich mit einer Einbeziehung von Abfällen in den nationalen Emissionshandel frühzeitig auseinandersetzen. Für den Fall, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom Bundestag bestätigt wird, müssen die betroffenen Unternehmen Prozesse der Datenermittlung nach dem BEHG implementieren, um letztlich die erforderlichen Zertifikate für 2023 zu erwerben. Angesichts der vielfältigen Stoffgemische, die in Abfallverbrennungsanlagen verbrannt werden, erscheint die Ermittlung der emittierten CO2-Mengen herausfordernd, nicht zuletzt, weil der Zweck des nationalen Emissionshandelssystems in der Bepreisung fossiler Treibhausgasemissionen liegt, die es dann zu ermitteln gilt. Auch werden mit der vorgesehenen BEHG-Änderung und der Ausweitung des CO2-Preises auf Abfälle letztlich die Abfallgebühren steigen. Betreiber entsprechender Anlagen sollten daher vorab in jedem Einzelfall prüfen, ob und wie sie die neu entstehenden CO2-Kosten weiterbelasten können, wobei neben den gebührenrechtlichen Grundlagen auch vertragliche Regelungen mit Dritten (u.a. Kommunen) sowie Strom- und Wärmekunden zu berücksichtigen sind. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt allerdings noch abzuwarten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Aufnahme der thermischen Behandlung von Abfällen in das nationale Emissionshandelsystem wegen der aktuellen schwierigen Energieversorgungslage noch einmal um zwei Jahre verschoben wird, wie dies aktuell von den Ausschüssen für Wirtschaft und Umwelt empfehlen wird.

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