Das Registergericht (Handelsregister des Amtsgerichts Aurich) hatte den Antrag auf Eintragung der identitätswahrenden Sitzverlegung einer Luxemburger Kommanditgesellschaft unter Formwechsel in eine deutsche GmbH & Co. KG mit Beschluss vom 15.10.2019 zurückgewiesen. Das OLG Oldenburg hat der Beschwerde gegen das Registergericht mit Beschluss vom 30.06.2020 abgeholfen und sich über die Bedenken des Registergerichts, es fehle an gesetzlichen Regelungen, namentlich im Umwandlungsgesetz, wie eine solche Sitzverlegung durchzuführen sei, hinweggesetzt.
Überraschend dabei ist, dass das OLG Oldenburg seine Entscheidung – entgegen der bislang herrschenden Auffassung in der Literatur – nicht europarechtlich begründet, sondern im Grundsatz bereits aus dem deutschen Recht ableitet. Damit einhergehend sieht das OLG Oldenburg keine Notwendigkeit, umwandlungsrechtliche Verfahrensvorschriften analog auf den grenzüberschreitenden Hereinformwechsel einer ausländischen Kommanditgesellschaft anzuwenden.
Rechtslage
Zulässigkeit des Hereinformwechsels in eine deutsche Kommanditgesellschaft
Der „Hereinformwechsel“ einer ausländischen Kommanditgesellschaft aus einem EU- oder EWR-Mitgliedsstaat in eine entsprechende Rechtsform deutschen Rechts (sog. rechtsformkongruenter Formwechsel) wird nach ganz herrschender Meinung in der Literatur für zulässig erachtet. Auch Personengesellschaften genießen als Ausfluss der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) „Formwechselfreiheit“ (J. Schmidt, ZEuP 2020, 565, 566; Schall in Heidel/Schall, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2020, Anhang zu § 177a (3) Rn. 91 ff. m. w. N.; Stiegler in Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa, 1. Aufl. 2019, § 10 Rn. 152 m. w. N.). Dem schließt sich das OLG Oldenburg nunmehr jedenfalls im Ergebnis an.
Modalitäten des Hereinformwechsels in eine deutsche Kommanditgesellschaft – „wilder Formwechsel“ oder zwingende entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften des UmwG?
Nach Teilen der Literatur sollen zwei Wege des grenzüberschreitenden Formwechsels in die Kommanditgesellschaft offenstehen: Zunächst kann sich der grenzüberschreitende Formwechsel ohne besondere formelle Anforderungen durch freie vertragliche Vereinbarung vollziehen, so wie auch inländische Personengesellschaften außerhalb des UmwG jederzeit von einer Art der Personengesellschaft in eine andere überwechseln können (z. B. durch den Betritt eines Kommanditisten zu einer OHG wechselt diese in die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft) (so etwa BeckOGK/von Thunen, 01.10.2018, IPR Internationales Personengesellschaftsrecht, Rn. 126 ff.; Lieder in Oetker, Handelsgesetzbuch, 6. Aufl. 2019, § 105 Rn. 145 bei Fn. 689 unter Verweis auf Schnittker/Benecke FR 2010, 565, 570). Ein solcher grenzüberschreitender Formwechsel allein durch tatsächliche Sitzverlegung wird auch als „wilder Formwechsel“ bezeichnet (Schall in Heidel/Schall, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2020, Anhang zu § 177a [3] Rn. 91). Darüber hinaus soll nach Teilen der Literatur ein innergemeinschaftlicher grenzüberschreitender Rechtsformwechsel zusätzlich auch analog den Verfahrens- und Schutzregelungen des Umwandlungsgesetzes möglich sein (BeckOGK/von Thunen, 01.10.2018, IPR Internationales Personengesellschaftsrecht, Rn. 126 ff. m. w. N.). Die analoge Anwendung des Umwandlungsrechts für Europäische Aktiengesellschaften (SEs) wird dagegen überwiegend abgelehnt, weil diese Normen speziell für eine supranationale Rechtsform für Großunternehmen geschaffen wurden und daher für typischerweise personalistisch geprägte Personengesellschaften nicht passen (BeckOGK/von Thunen, 1.10.2018, IPR Internationales Personengesellschaftsrecht, Rn. 127 m. w. N.).