Der Beklagte war im Zeitraum 05.08.2015 bis 06.10.2015 alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Am 25.07.2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war bereits seit dem Jahr 2009 überschuldet im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO. Gestützt auf § 64 Satz 1 GmbHG a. F. verlangte der Insolvenzverwalter vom Beklagten die Erstattung von vier Barabhebungen vom Geschäftskonto der Schuldnerin im Zeitraum vom 28.08.2015 bis zum 02.10.2015 in Höhe von insgesamt EUR 78.150,00, die zur Zahlung von Löhnen und Gehältern für Mitarbeitende sowie für Anschaffungen zur Erreichung des Geschäftszwecks verwendet wurden.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf
Die Klage des Insolvenzverwalters war in beiden Instanzen erfolgreich. Das OLG Düsseldorf hat bejaht, dass es sich um masseschmälernde Zahlungen gehandelt hat. Es sei im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Zahlungen kein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt und dort verblieben. Die Arbeits- oder Dienstleistungen, die als Gegenleistung für Lohn- und Gehaltszahlungen erbracht wurden, stellten keinen für die Gläubiger verwertbaren Vermögensvorteil dar. Die angeschafften Gegenstände seien bei Insolvenzeröffnung nicht vorhanden gewesen.
Auch einen Ausschluss der Haftung nach § 64 Satz 2 GmbHG a. F. hat das OLG Düsseldorf verneint. Nach dieser Vorschrift ist Haftung ausgeschlossen, wenn die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren. Im Sinne des § 64 Satz 2 GmbHG a. F. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar seien, so das OLG Düsseldorf, aber nur solche Zahlungen, durch die der Geschäftsleiter eine eigene straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Verantwortung vermeidet, einer persönlichen Haftung entgeht oder die Zahlung zur Abwendung von Nachteilen von der Masse geboten ist. Auf die in Rede stehenden Zahlungen treffe dies nicht zu.
Beurteilung nach neuer Rechtslage
Im Ergebnis dürfte der Fall auch auf der Grundlage des neuen § 15b InsO gleich zu entscheiden sein. In der Begründung ergeben sich jedoch Abweichungen, die bei leicht veränderter Sachlage zu einem anderen Ergebnis führen würden.
Auch nach § 15b Abs. 1, 4 InsO gilt – ebenso wie bei § 64 GmbHG a. F. – mit Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft grundsätzlich ein Zahlungsverbot, das im Falle von Verstößen mit einer persönlichen Ersatzpflicht der Geschäftsleiter sanktioniert ist. Ausgenommen vom Zahlungsverbot sind – auch dies ebenso wie bei § 64 GmbHG a. F. – Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Im Unterschied zum alten Recht wird nun aber in § 15b Abs. 2, 3 InsO konkretisiert, welche Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind und welche nicht. Danach gilt, dass eine Privilegierung von Zahlungen grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn und solange sich die Geschäftsleiter rechtskonform im Sinne des § 15a InsO verhalten. Dies ist nur der Fall bei Zahlungen, die vor Ablauf der Insolvenzantragsfristen des § 15a InsO (maximal drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und maximal sechs Wochen bei Überschuldung) geleistet wurden, und solange die Geschäftsleiter Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben. Für Zahlungen nach Ablauf der Insolvenzantragsfristen des § 15a InsO scheidet eine Privilegierung indes grundsätzlich von vornherein aus.
Da in dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde liegenden Fall die Insolvenzreife der Gesellschaft bereits Jahre vor der Vornahme der streitgegenständlichen Zahlungen eingetreten war, waren die Fristen des § 15a InsO längst abgelaufen, sodass nach neuer Rechtslage eine Privilegierung der Zahlungen allein deshalb ausscheidet. Wären die Insolvenzantragsfristen des § 15a InsO noch nicht abgelaufen gewesen, dürfte die Beurteilung nach neuer Rechtslage hingegen anders ausfallen. Solange sich die Geschäftsleiter rechtskonform im Sinne des § 15a InsO verhalten, gelten nach § 15b Abs. 2 Satz 1 InsO Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. Was genau unter einer Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zu verstehen ist, ist indes noch umstritten. Nach dem Gesetzeswortlaut sollen insbesondere solche Zahlungen erfasst sein, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen. Die Verwendung der Formulierung „insbesondere“ bedeutet, dass es auch Zahlungen geben muss, die zwar nicht der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, aber dennoch als im ordnungsgemäßen Geschäftsgang vorgenommen gelten. In der Literatur wird dies allerdings nicht durchgängig so gesehen.