Trotz der Möglichkeit in § 129 Abs. 1 BetrVG, Sitzungen des (Gesamt-)Betriebsrats in der Corona-Pandemie als Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen, kann der Arbeitgeber eine Präsenzsitzung des Gremiums grundsätzlich nicht untersagen, insbesondere wenn Wahlen durchzuführen sind (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2020, AZ: 12 TaBVGa 1015/20).
Sachverhalt
Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats einer Klinik legte fest, dass die Sitzungen von Gesamtbetriebsausschuss und Gesamtbetriebsrat im August bzw. September 2020 als Präsenzsitzung stattfinden sollten. Dies begründete er damit, dass die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden und die Nachwahlen zum Gesamtbetriebs- und Wirtschaftsausschuss virtuell nicht als geheime Wahl durchgeführt werden könnten. Die Arbeitgeberin untersagte dies vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Sollte ein Teilnehmer der Präsenzsitzung mit dem Coronavirus infiziert sein, so führe dies zu Quarantänemaßnahmen in 30 Betrieben. Dies müsse zum Schutz der Patienten in den Kliniken vermieden werden. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Gesamtbetriebsrats auf Durchführung der Sitzung als Präsenzveranstaltung zunächst zurückgewiesen. Dagegen legte dieser Beschwerde ein.
Entscheidung
Das LAG Berlin-Brandenburg hat der Beschwerde abgeholfen und entschieden, dass die Arbeitgeberin dem Gesamtbetriebsrat die Durchführung einer Präsenzsitzung nicht untersagen könne. Der Grund hierfür liege in § 78 S. 1 BetrVG. Nach dieser Vorschrift dürften u.a. die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden, ansonsten stehe ihnen ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zu. Hierzu zähle laut LAG auch die Untersagung der Durchführung als Präsenzsitzung.
Die Möglichkeit des § 129 Abs. 1 BetrVG, eine Betriebsratssitzung in der Corona-Pandemie als Telefon- oder Videokonferenz durchzuführen, stehe als zusätzliche Option neben der Präsenzsitzung und habe keinen Vorrang vor dieser. Zudem gelte die Neuregelung lediglich für die Teilnahme an Sitzungen oder Beschlussfassungen, sofern sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Keine Anwendung finde § 129 Abs. 1 BetrVG jedoch auf Wahlen, so das LAG. Die Arbeitgeberin könne den Betriebsrat auch nicht auf die Durchführung der Wahlen als Briefwahl verweisen, da dies gesetzlich nicht vorgesehen sei.