15 Minuten Lesezeit 16 Juni 2021
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Der General Counsel Imperative: Wie verwandeln Sie Barrieren in Bausteine?

Von Felix Rackwitz, MBA

Partner | Head of Integrated Legal Solutions | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Felix Rackwitz ist Rechtsanwalt bei EY Law und leitet den Bereich Integrated Legal Solutions.

15 Minuten Lesezeit 16 Juni 2021
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  • General Counsel Imperative Series - How do you turn barriers into building blocks? (pdf)

Das EY Law Survey 2021 identifiziert Herausforderungen, die das Erreichen geschäftlicher Ziele verzögern. Entscheidend ist es, aktuelle Initiativen zu überdenken.

Überblick

  • Rechtsabteilungen nehmen Änderungen an ihren operativen Geschäftsmodell vor, um Fachleute aus der Wirtschaft anzusprechen und sich mit ihnen abzustimmen.
  • Strategische Maßnahmen und die Steigerung der Effektivität unterstützen Rechtsabteilungen dabei, künftige Hürden zu überwinden. 

Im Januar 2021 führten EY Law und das Harvard Law School Center 2.000 Befragungen durch, um die Chancen und Herausforderungen für Rechtsabteilungen zu erörtern.

  • Die Methodik des EY Law Survey 2021

    Diese Umfrage umfasst Antworten von mehr als 2.000 Führungskräften aus 17 Branchen und 22 Ländern weltweit.

    Die Studie basiert auf Interviews mit 1.000 Leitern von Rechtsabteilungen sowie weiteren Interviews mit Führungskräften aus den Bereichen Beschaffung, kommerzielle Auftragsvergabe, Geschäftsentwicklung und Management von Rechtseinheiten. Parallel dazu wurde eine breitere Studie von EY, The CEO Imperative, durchgeführt, in der CEOs über ihre Geschäftsziele für 2021 und darüber hinaus befragt wurden.

    Zusammengenommen bieten diese Untersuchungen – die in diesem ersten Bericht einer Serie zusammengefasst sind – einen 360-Grad-Blick auf die Rechtsfunktion im weiteren Sinne, die unternehmensweite Rolle, die sie zu spielen hat, und darauf, wie sie innerhalb großer Organisationen wahrgenommen wird.

„Das Feedback aus den Interviews deutet darauf hin, dass Vorstände, CEOs und CFOs die Rechts-, Beschaffungs- und kommerziellen Vertragsabteilungen zunehmend unter Druckgeraten, ihre Arbeitsweisen zu ändern“, sagt John Knox, EY Global Legal Managed Services Leader. „Zwar wird die Kostenkontrolle weiterhin priorisiert, doch sie ist jedoch nicht alleinige Ziel. Auch die Wachstumsförderung, schnellere Vertragsabschlüsse, die Bereitstellung besserer Daten und die Umgestaltung des Risikomanagements sind für die meisten Unternehmensleiter ausgesprochen wichtig. Die Rechts-, Beschaffungs- und Vertragsabteilungen müssen sicherstellen, dass Betriebsmodelle entsprechend optimiert und ausgerichtet werden, um diese Ziele zu erreichen.“

Um den Anforderungen ihrer CEOs gerecht zu werden, sollten Rechtsabteilungen weiterhin Veränderungen fördern und die Fähigkeit, sich an der Gesamtstrategie des Unternehmens auszurichten, weiter ausbauen. Strategische Rechtsabteilungen beginnen mit der Implementierung entschlossener Initiativen, um einen umfassenden, transparenten Ansatz zum Risikomanagement, zur Kostenkontrolle durch Technologie und zur direkten Unterstützung des Unternehmenswachstums zu entwickeln. Die innovativsten Abteilungen verwenden einen Portfolioansatz – sie kombinieren externes Rechtsberatungsmanagement mit internen Optimierungen, Technologien und Co-Sourcing-Strategien. Diese Studie zeigt auf, welche Bausteine die Rechtsabteilung verwenden kann, um die Geschäftsziele während der Wiederherstellung und darüber hinaus besser zu unterstützen.

Zwar wird die Kostenkontrolle weiterhin priorisiert, doch sie ist nicht das einzige Ziel.
John Knox
EY APAC Law Leader

Die Prioritäten der CEOs und ihre Auswirkungen auf die Rechtsabteilung

Obwohl Rechtsabteilungen und andere Unternehmensfunktionen ihre eigenen Prioritäten haben, besteht eine breite Akzeptanz, dass diese Funktionen nicht in Silos arbeiten können, wenn sie die Bedürfnisse des gesamten Unternehmens unterstützen sollen. Eine Studie, die im Rahmen der EY CEO Imperative Study 2021 durchgeführt wurde, befasst sich mit den Prioritäten der CEOs hinsichtlich vieler Themen. Für Leiter von Rechtsabteilungen, die sich eine stärkere Ausrichtung an der Unternehmensstrategie zum Hauptziel gesetzt haben, werden einige dieser Prioritäten wahrscheinlich die größten Auswirkungen haben.

Priorität 1: Umgestaltung des Risikomanagements
Der Wunsch der CEOs nach einem stärker datengesteuerten Ansatz im Risikomanagement ist letztlich der Wunsch nach mehr Transparenz.
Heidi Stenberg
EY Americas Legal Function Consulting Leader

Die CEOs nannten das Risikomanagement als den Bereich, in dem sie innerhalb der nächsten drei Jahre die meisten Veränderungen erwarten, wobei fast die Hälfte angab, sich stärker auf strategisch existenzielle Risiken fokussieren zu wollen. Dies deutet auf den Wunsch hin, größere Risiken besser managen zu können. Angesichts der Herausforderungen, mit denen die Weltwirtschaft und die meisten Organisationen im Jahr 2020 konfrontiert wurden, scheint dies angebracht zu sein.

Die Interviews mit General Counsels zeichnen jedoch in Bezug auf das Risikomanagement ein gemischtes Bild. Die gute Nachricht ist, dass die meisten von ihnen ein gewisses Maß an Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Abteilung haben, komplexe Risiken zu managen. 83 Prozent gaben beispielsweise an, ihren Abteilungen im Umgang mit den neuen Datenschutz- und Dispositionsregeln weitgehend zu vertrauen.

Allerdings gaben nur wenige General Counsels an, „sehr zuversichtlich“ zu sein, was die Fähigkeiten ihrer Abteilung betrifft, komplexe Risiken in einer Vielzahl von unterschiedlichen Bereichen zu managen – eine Position, die sich vielleicht durch die Betrachtung der an zweiter Stelle stehenden risikomanagementbezogenen Priorität der CEOs erklären lässt.

Von den CEOs, für die die Umgestaltung des Risikomanagements eine hohe Priorität genießt, gaben 61 Prozent an, dass sie sich für ihre Organisation einen verstärkten datengesteuerten Ansatz wünschen. Daraus lässt sich schließen, dass die CEOs den Zugang zu Daten und Informationen, die zur besseren Identifizierung, Quantifizierung und Steuerung von Risiken genutzt werden können, verbessern möchten.

Die Antworten der GCOs und der CEOs deuten darauf hin, dass in diesem Bereich noch viel Handlungsbedarf besteht. So gaben beispielsweise 68 Prozent der General Counsels an, nicht über genaue und aktuelle Informationen bezüglich ihrer juristischen Einheiten zu verfügen. Dieser Mangel an Transparenz schränkt die Fähigkeit der Rechtsabteilungen, über die Steuer- und Corporate-Governance-Risiken ihrer Organisationen zu berichten, ein.

Ein ähnlicher Anteil (65 Prozent) gab an, nicht über alle Daten und Technologien zu verfügen, die nötig sind, um effektiv auf eine Datenschutzverletzung reagieren zu können. Dies wiederum führt zu Risiken in Bezug auf Compliance und Datenschutz.

Die Antworten der GCOs und der CEOs deuten auch darauf hin, dass Lücken im Prozessmanagement und die unzureichende Nutzung von Technologien die Risikotransparenz der Unternehmen einschränken. 69 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Vertragserstellungsprozess nicht standardisiert sei. 71 Prozent sagten, dass ihre Verträge nicht auf Abweichungen von den Standardbedingungen überwacht werden, und 78 Prozent, dass sie vertragliche Verpflichtungen nicht systematisch verfolgen. Das Fehlen von Prozessmanagement und technologiegestützter Überwachung führt zu einer Vielzahl von Risiken, die sich auf die Lieferketten und Kundenbeziehungen der Unternehmen auswirken können.

Heidi Stenberg, EY Americas Legal Function Consulting Leader, stellt fest: „Der Wunsch der CEOs nach einem datengesteuerten Ansatz im Risikomanagement ist letztlich der Wunsch nach mehr Transparenz. Sie wollen die Risiken, denen ihre Organisationen ausgesetzt sind, auf einer detaillierteren Ebene verstehen. Dies muss eine Top-Priorität für die Leiter der Rechtsabteilungen sein.“

Priorität 2: Überprüfung der Kostenstruktur der Rechtsabteilung

Die Notwendigkeit der Effizienzsteigerung ist zwar nicht neu, aber die wirtschaftlichen Herausforderungen des letzten Jahres haben sie noch stärker in den Fokus gerückt. 53 Prozent der CEOs gaben an, dass sie in den nächsten 12 Monaten erhebliche Kostensenkungsmaßnahmen einleiten wollen, bei denen die Rechtsabteilungen eine große Rolle spielen werden.

In der Tat wollen 88 Prozent der General Counsels die Gesamtkosten der Rechtsabteilung innerhalb der nächsten drei Jahren senken – wobei der Druck des CEO und des Vorstands als Hauptgrund für dieses Vorhaben genannt wurde.

Durchschnittliches Kosteneinsparungsziel

18%

für größere Unternehmen.

14%

für kleinere Unternehmen.

Die durchschnittlichen Kosteneinsparungen, die von den größeren Unternehmen – mit einem Jahresumsatz von mehr als 20 Milliarden US-Dollar – angestrebt werden, betragen 18 Prozent in den nächsten drei Jahren. Dies stellt einen deutlichen Anstieg gegenüber den Ergebnissen des EY Reimagining the Legal Function Report 2019 dar. Damals wollten große Unternehmen durchschnittlich nur 11 Prozent einsparen. Tatsächlich hat sich heute über die Hälfte dieser Abteilungen Einsparungen von 20 Prozent oder mehr zum Ziel gesetzt.

Um dies zu erreichen, müssen Rechtsabteilungen ihre Arbeitsweise erheblich ändern. Dies gilt insbesondere angesichts der K-förmigen Wirtschaftsentwicklung, die viele Ökonomen für die nächsten 12 bis 24 Monate vorhersagen. In dieser Zeit wird für einige Branchen ein deutliches Wachstum erwartet, während andere mit Gegenwind konfrontiert werden, der die Anforderungen an die Rechtsabteilungen, das Wachstum voranzutreiben und gleichzeitig Risiken zu managen, erhöht.

Priorität 3: Prozesse digitalisieren

Die Bedeutung von Technologien für die fortlaufende Transformation von Unternehmen ist offensichtlich, und die Prioritäten der CEOs spiegeln dies wider. Die Digitalisierung steht auf Platz 1 der Prioritätenliste der CEOs, die Änderungen an ihrem Geschäftsmodell planen. 61 Prozent erwarten erhebliche Investitionen in Daten und Technologien.

GCOs glauben auch, dass ein verstärkter Einsatz von Technologien zu erheblichen Vorteilen für die Rechtsabteilung und damit auch für ihr Ansehen innerhalb der Organisation führen kann. 59 Prozent von ihnen glauben, dass Technologien ein erhebliches oder sogar sehr erhebliches Potenzial für Kosteneinsparungen bieten, weit vor allen anderen Möglichkeiten.

Dennoch scheint es, dass die Digitalisierung von Prozessen für das Rechts- und Risikomanagement noch immer nicht abgeschlossen ist. So gaben nur 50 Prozent der Rechtsabteilungen an, in den letzten 12 Monaten verstärkt Technologien eingesetzt zu haben. Etwa jede dritte Rechtsabteilung verfügt noch nicht über die Technologien, die zur Erledigung ihrer Arbeit erforderlich sind.

Ähnliche Herausforderungen sind auch in anderen Bereichen zu beobachten. 94 Prozent der Unternehmen gaben an, Schwierigkeiten mit ihren Systemen zur Verwaltung von Rechtseinheiten zu haben. Bei der Vertragsgestaltung verfügen fast alle (99 Prozent) noch nicht über die zu Prozessoptimierung benötigten Daten und Technologien. Dies sind erhebliche Mängel.

Die Gründe, warum Rechtsabteilungen Schwierigkeiten haben, neue Technologien zu implementieren, sind zahlreich; aber einer ist besonders interessant, wenn man bedenkt, dass sich die CEOs auf diesen Bereich konzentrieren: 97 Prozent der GCOs gaben an, dass es ihnen schwerfällt, das Budget für Investitionen in Rechtstechnologien zu sichern. Dabei besteht die größte Schwierigkeit darin, dass die Führungsebene Investitionen in Rechts- und Risikomanagement nicht priorisiert.

Rob Dinning, EY EMEIA Legal Function Consulting Leader, bemerkt, dass „es für Rechtsabteilungen eindeutig oberste Priorität haben muss, den CEO und den Vorstand zu überzeugen, dass Investitionen in Rechtstechnologien die Effizienz steigern, die Dienstleistungen verbessern und ein komplexeres Risikomanagement ermöglichen können. Dies erfordert einen datengestützten Investitionsplan – ein Bereich, der für viele Rechtsfunktionen eine Herausforderung darstellt und in dem Legal Operations Skillsets einen erheblichen Mehrwert bieten können.“

Priorität 4: Förderung des Unternehmenswachstums

In Anbetracht der Herausforderungen, mit denen die Weltwirtschaft derzeit konfrontiert ist, überrascht es nicht, dass sich die CEOs Sorgen um die Wachstumsaussichten ihres Unternehmens machen. In der Tat erwarteten 66 Prozent von ihnen für das Jahr 2020 kein Unternehmenswachstum. Noch besorgniserregender ist, dass nur 19 Prozent glauben, dass das Wachstum im Jahr 2021 größer sein wird als 2020.

Angesichts dieser Erwartungen ist es von entscheidender Bedeutung, jeden Teil der Organisation zu optimieren, um Umsatzträger dabei zu unterstützen, Wachstum zu erleichtern und die weitere Diversifikation des Unternehmens zu ermöglichen. Unsere Untersuchung zeigt, dass Rechts- und Vertragsabteilungen diesem Bereich Priorität einräumen müssen.

90 Prozent der Führungskräfte aus dem Bereich Business Development gaben an, bei der Zusammenarbeit mit ihren Beschaffungs-, Rechts- und kaufmännischen Teams in Bezug auf Vertragsabschlüsse vor Herausforderungen zu stehen. In 57 Prozent der befragten Unternehmen verlangsamen Ineffizienzen im Vertragsprozess die Umsatzrealisierung.

Prozessineffizienzen

57%

der Führungskräfte in der Geschäftsentwicklung sagen, dass Ineffizienzen im Vertragsprozess die Umsatzrealisierung verlangsamen.

Der Schwerpunkt liegt darin, die Stärken und Schwächen jedes Ansatzes zu identifizieren und ihn gezielt dort einzusetzen, wo die größten Chancen bestehen - und so die effektivste Balance zwischen allen Strategien zu finden.

Noch beunruhigender ist es, dass die Hälfte der Leiter der Geschäftsentwicklung berichtet, dass diese Ineffizienzen zu Geschäftseinbußen geführt haben.

General Counsels sind sich dieser Herausforderungen bewusst. Nur 52 Prozent gaben an, dass die tägliche Arbeit ihrer Abteilung mit der breiteren Unternehmensstrategie abgestimmt ist. Ebenso groß ist der Anteil derer, die angaben, dass ihre Abteilung effektiv einen Mehrwert für das Unternehmen schafft.

„Die Wachstumsförderung wird in den nächsten 12 Monaten ein entscheidendes Ziel sein“, bemerkt John Knox. „Um die Wachstumschancen zu maximieren, müssen die Rechts-, Beschaffungs- und Vertragsabteilungen sicherstellen, dass sie sich auf die wichtigsten Risiken konzentrieren und ihre Prozesse optimieren.“

Wie Rechtsabteilungsleiter die Prioritäten der CEOs erfüllen

Um die Prioritäten der CEOs für das Jahr 2021 zu erfüllen, müssen die Leiter von Rechtsabteilungen und die Führungskräfte aus dem gesamten Unternehmen neue Arbeitsweisen implementieren. In der Tat gibt eine Mehrheit der Rechtsabteilungen (92 Prozent) an, ihre Arbeitsweise bereits mit einer Reihe von neuen Ansätzen zu verändern.

Etwas mehr als die Hälfte der Abteilungen (51 Prozent) implementiert taktische Lösungen, die auf spezifische Probleme abzielen. Ebenso viele haben Programme zur Umstrukturierung der Rechtsfunktion eingeführt. 30 Prozent der Befragten erwägen, eine Co-Sourcing- oder Outsourcing-Beziehung mit einem Drittanbieter einzugehen, um Teile der Rechtsfunktion zu verwalten.

Dies allein zeigt, dass es keine Einheitslösung für die Transformation gibt. In der Tat entscheiden sich viele Unternehmen dafür, mehrere Strategien parallel zu verfolgen – eine Kombination aus externem Beratungsmanagement, Insourcing, Prozess- und Technologieoptimierung sowie Co-/Outsourcing. Dennoch gibt es oft wenig Koordination zwischen diesen Strategien und auch keine systematische Analyse, welche Strategie wann eingesetzt werden sollte.

Optimierung des Einsatzes externer Anwälte

Viele Rechtsabteilungen sehen Vorteile darin, sich von externen Anwälten unterstützen zu lassen, die erhebliche juristische Expertise mitbringen. Allerdings ist dies in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden und beansprucht einen großen Teil des Budgets einer Rechtsabteilung. In Anbetracht der derzeit geplanten Kostenreduzierungen überrascht es nicht, dass Rechtsabteilungen auf digitale Programme zur Verwaltung externer Anwälte zurückgreifen. Der Schlüssel zu diesen Lösungen liegt darin, sie angemessen zu unterstützen und sie als Teil eines ausgewogenen Gesamtkonzepts zurate zu ziehen.

Programme zur Verwaltung externer Beratern können eine Vielzahl von Strategien umfassen; die am häufigsten verwendeten beziehen sich auf die Kontrolle von Gebühren, z. B. das Einfrieren von Stundensätzen, die verstärkte Nutzung alternativer Honorarvereinbarungen und die erhöhte Konzentration auf die Sicherung besserer Tarife bei Verhandlungen mit Anbietern. 59 Prozent der General Counsels sind der Meinung, dass die Konzentration auf die Verhandlung besserer Tarife eine Möglichkeit für Kosteneinsparungen schafft.

Andere Ansätze sind die verstärkte Steuerung der externen Berater durch Richtlinien oder die Konsolidierung bei weniger Anbietern. 72 Prozent der General Counsels glauben, Kosteneinsparungen erzielen zu können, indem sie die Zahl der Anbieter reduzieren.

Gleichzeitig glaubt nur eine Minderheit der General Counsels, dass diese Strategien signifikante Einsparungen bringen. Die Herausforderungen der Rechtsabteilungen bei der Verwaltung externer Rechtsberater geben Aufschluss darüber, warum dies so ist: 83 Prozent gaben an, dass sie zu viele Anbieter zu verwalten haben, 81 Prozent haben nicht genug Ressourcen, um ihre bestehenden Anbieter effektiv zu verwalten, bei 79 Prozent der General Counsels sind die Richtlinien nicht detailliert genug und 85 Prozent berichten, dass sich die Anbieter nicht an ihre Richtlinien halten.

Auch die Reduzierung der Zahl der Anbieter kann den Betrieb vereinfachen.
Heidi Stenberg
EY Americas Legal Function Consulting Leader

Darüber hinaus versprechen die oben genannten Strategien zwar einige Kosteneinsparungen, aber es ist unwahrscheinlich, dass diese dazu beitragen, die Ziele der Rechtsabteilungen in Bezug auf das Überdenken des Risikomanagements, die Förderung der Digitalisierung und die Verstärkung der Bemühungen um Business Enablement zu erreichen.

Heidi Stenberg bemerkt: „Die Optimierung des Einsatzes externer Anwälte bietet Rechtsabteilungen die Möglichkeit, Kosteneinsparungen in andere Bereiche zu verlagern. Die Reduzierung der Zahl der Anbieter kann auch den Betrieb vereinfachen. Beide Ergebnisse sind für Rechtsabteilungen positive Schritte nach vorne und können helfen, den Erfolg anderer Transformationsinitiativen sicherzustellen.“

Die Herausforderung eines effektiven Insourcings

Insourcing gehört auf dem Rechtsmarkt zu den sichtbarsten und am meisten diskutierten Trends des letzten Jahrzehnts. Die Verlagerung von Aufgaben ins Unternehmen kann die Ausgaben für externe Anwälte reduzieren. Außerdem bietet sie das Potenzial für mehr Kontrolle und eine stärkere Integration in das Unternehmen. Für viele Rechtsabteilungen hat das Insourcing jedoch auch Herausforderungen mit sich gebracht.

Die steigende Arbeitsbelastung ist das offensichtlichste Ergebnis der Verlagerung von Arbeit externer Dienstleister zurück in das Unternehmen. General Counsels erwarten, dass die Arbeitsbelastung in den nächsten drei Jahren um 25 Prozent steigen wird, während die Anzahl der Mitarbeiter im gleichen Zeitraum nur um 3 Prozent zunehmen soll. Diese Diskrepanz erklärt, warum 76 Prozent der Abteilungen angaben, dass es für sie eine Herausforderung sei, die aktuelle Arbeitsbelastung zu bewältigen.

Eine zweite Herausforderung ist die Zunahme der Arbeit mit geringer Komplexität. Leiter von Rechtsabteilungen berichten, dass jede fünfte Stunde von Unternehmensjuristen derzeit mit wenig komplexen, sich wiederholenden oder Routineaufgaben verbracht wird, wobei 87 Prozent bestätigen, dass ihre Abteilung zu viel Zeit mit diesen Aufgaben verbringt.

Infolgedessen gaben 47 Prozent an, dass sich das steigende Arbeitsvolumen negativ auf die Arbeitsmoral der Mitarbeiter ausgewirkt habe. Angesichts der Bedeutung der Bindung und Entwicklung von Talenten für Rechtsabteilungen sollten solche Zahlen Anlass zu großer Sorge sein.

Darüber hinaus haben die Rechtsabteilungen durch das Zurückholen von Aufgabenbestandteilen in den Unternehmenskomplex und die gleichzeitige Aufstockung der Mitarbeiterzahl die Komplexität ihrer Abteilung erhöht. Dies erschwert die Bemühungen, die Prioritäten der CEOs zu erfüllen, die nicht direkt mit der Kostenkontrolle zusammenhängen. Während Insourcing einige Vorteile bietet, wenn es darum geht, die Prioritäten der CEOs in Bezug auf Risikomanagement und Business Enablement zu überdenken, kann die höhere Komplexität diesen Zielen konträr gegenüberstehen.

Die Leiter von Rechtsabteilungen sind geteilter Meinung, ob Insourcing insgesamt eine gute Strategie war. Während 78 Prozent der Meinung sind, dass Insourcing Möglichkeiten für Einsparungen bietet, beabsichtigen nur wenige, den Personalbestand in den nächsten drei Jahren signifikant zu erhöhen. Daher müssen sie auf Technologien und Prozessverbesserungen zurückgreifen, um das Betriebsmodell der Rechtsabteilung zu optimieren.

Verwaltung von Arbeitsbelastungen

76%

der Rechtsabteilungen finden es schwierig, die aktuelle Arbeitsbelastung zu bewältigen.

Steigende Arbeitsbelastungen

75%

sagen, dass das Wachstum der Arbeitslast die Budgets übersteigen wird.

Digitalisierung und Optimierung der internen Prozesse

Die Rolle, die Technologien bei der Umgestaltung von Rechtsabteilungen spielen, sollte nicht unterschätzt werden. „Technologien können nicht nur Kosteneinsparungen bewirken, die Compliance verbessern und das Risiko der Rechtsabteilung verringern“, sagt Cornelius Grossmann, EY Global Law Leader, „sondern auch dazu beitragen, die Prioritäten der CEOs in Bezug auf datengesteuertes Risikomanagement und die Verbesserung des Business Enablement zu erfüllen.“

Die meisten Leiter von Rechtsabteilungen setzen in diesem Bereich eine breite Palette von Strategien ein, darunter die Implementierung neuer Technologien, die Automatisierung und Standardisierung von Prozessen, die Bereitstellung von Schulungen zu Best Practices und die Neugestaltung von Arbeitsabläufen. Die meisten dieser Strategien werden jedoch nicht umfassend genutzt und auch nicht als Teil von allgemeineren Transformationsinitiativen eingesetzt.

Ähnliche Trends sind bei den tatsächlich eingesetzten Technologien zu erkennen. Im Bereich Contracting beispielsweise gaben die Führungskräfte an, eine breite Palette von Technologien zu nutzen. Allerdings nutzt nur eine Minderheit diese Technologien in großem Umfang.

Ein Grund für das Zögern der Rechts- und Vertragsabteilungen, Strategien zur Prozessverbesserung auf breiterer Basis zu implementieren, ist, dass sie mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert sind. 90 Prozent berichten beispielsweise von Schwierigkeiten, einen Prozess zu identifizieren, der alle Anwender unterstützt, und 77 Prozent gaben an, mit der Einführung neuer Prozesse zu kämpfen zu haben.

Anwaltskanzleien berichten auch, dass zu viel Zeit für die Auswahl der Technologien aufgewendet wird, die Implementierung zu zeitaufwendig ist und ihre Anwälte die implementierten Technologien nicht vollständig nutzen.

Hinter den Schwierigkeiten der Rechtsabteilungen bei der Digitalisierung und Prozessoptimierung verbirgt sich eine umfassendere Herausforderung – ein Mangel an Fähigkeiten. 83 Prozent der Rechtsabteilungen gaben an, nicht über die notwendigen Fähigkeiten zu verfügen, um Prozesse zu automatisieren, und 41 Prozent fehlen die Daten oder das Fachwissen, um einen Grund für Investitionen in Rechtstechnologien zu erarbeiten.

Es ist weithin anerkannt, dass Digitalisierung und Prozessverbesserung das Potenzial haben, die Arbeitsabläufe von Anwaltskanzleien zu verändern, aber es gibt klare Hindernisse bei der Umsetzung – einschließlich allgemeiner Minderinvestitionen, mangelnder Fähigkeiten oder Schwierigkeiten, die effektivste Lösung zu identifizieren. Anwaltskanzleien müssen daher prüfen, wie sie ihre Ziele in Bezug auf Technologie und Prozessverbesserung am besten erreichen können, sei es intern oder durch einen externen Anbieter.

Auswahl der effektivsten Beschaffungsstrategie

Aus den obigen Ausführungen ist ersichtlich, dass der Einsatz externer Berater, Insourcing und die Implementierung von Technologien Vor- wie auch Nachteile bringen. Für viele Rechtsabteilungen ist es sinnvoll, ihre Stärken auszuspielen – und wenn etwaige Schwächen nicht behoben werden können, nach umfassenderen Lösungen zu suchen.

Diese Lösungen können automatisierte Selbstbedienungsoptionen, die Nutzung alternativer Anbieter, Co-Sourcing-Beziehungen oder die Nutzung eines On- oder Offshore-Kompetenzzentrums umfassen.

Jede dieser Bereitstellungsmethoden bietet Chancen und Herausforderungen für General Counsels, die ihre Rechtsfunktion optimieren und den Nutzen, den sie ihrer Organisation bieten, maximieren wollen.

Das Überdenken von Sourcing-Strategien bietet Vorteile, die über die Kostenkontrolle hinausgehen. Der Einsatz neuer Liefermethoden kann das Business Enablement verbessern und das Risikomanagement optimieren.
Rob Dinning
EY EMEIA Legal Function Consulting Leader

Self-Service-Strategien, die es dem Einzelnen ermöglichen, mit standardisierten Ressourcen und automatisierten Prozessen die anfallenden Arbeiten selbst zu erledigen, können intern oder über Partnerschaften mit externen Anbietern verwaltet werden. Dieser Ansatz kann die Arbeitsbelastung von Abteilungen reduzieren und On-Demand-Services für interne Stakeholder schaffen, die sie bei Bedarf nutzen können. Derzeit werden nur wenige juristische Dienstleistungen in großen Organisationen selbst verwaltet – in Vertragsbereichen sind sie dagegen weit verbreitet, doch nur 16 Prozent der Verträge werden derzeit selbst verwaltet.

Kompetenzzentren (oder Shared Service Centers) scheinen ebenfalls zu wenig genutzt zu werden. Während 73 Prozent der Unternehmen sie zur Unterstützung der Rechtsfunktion einsetzen, nutzen nur 9 Prozent sie umfassend. Die Nutzung eines Kompetenzzentrums bietet viele Vorteile. Optimiert können sie Dienstleistungen zu niedrigeren Kosten als traditionelle Anwaltskanzleien oder Unternehmensjuristen erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Zentren in kostengünstigen On- oder Offshore-Märkten befinden.

Während einige Organisationen operative Unterstützung von anderen Geschäftsfunktionen und Teams erhalten, sollten Rechtsabteilungen, die über die Einrichtung eines effektiven Kompetenzzentrums nachdenken, den erheblichen Zeitaufwand nicht unterschätzen, der kurzfristig erforderlich ist, um ein hohes Maß an effektiver Leistungserbringung zu erreichen. Da die Verwaltung von Kompetenzzentren mühsam sein kann, haben sich einige Abteilungen an Drittanbieter gewandt, die ihnen bei der Verwaltung des Personals und der Schulung helfen und eine kontinuierliche Verbesserung der Effizienz sicherstellen.

Alternative Dienstleister bieten Prozessmanagement und technologische Fähigkeiten. Sie nutzen auch hoch entwickelte Talentmodelle, die von traditionellen Anwälten, Technologen, anderen Rechtsexperten sowie On- und Offshore-Personal eingesetzt werden.

Es besteht ein großer Wunsch nach der Nutzung alternativer Anbieter: 85 Prozent der General Counsels gaben an, dass ihre Rechtsabteilungen dies in Anspruch nehmen – ein Anstieg um 72 Prozentpunkte im Vergleich zur Studie 2019. Das Ausmaß der Nutzung variiert jedoch stark nach Rechtsabteilung und Servicebereich In einigen Bereichen, z. B. bei der regulatorischen Recherche oder der Dokumentenunterstützung, ist sie bereits ausreichend implementiert, in anderen, z. B. bei der Verwaltung von Rechtseinheiten, ist sie weniger verbreitet.

Interviews mit General Counsels legen nahe, dass Rechtsabteilungen daran interessiert sind, die Nutzung alternativer Anbieter auszuweiten. Interessanterweise gaben in erster Linie die Anwaltskanzleien, die derzeit am häufigsten alternativen Anbieter nutzen, an, deren Nutzung ausweiten zu wollen.

„Das Überdenken von Beschaffungsstrategien bietet Vorteile, die über die Kostenkontrolle hinausgehen“, sagt Rob Dinning. „Der Einsatz neuer Bereitstellungsmethoden kann das Business Enablement verbessern und das Risikomanagement optimieren. Selbstbedienungstechniken können zum Beispiel helfen, die Servicebereitstellung zu beschleunigen. Der umfassende Einsatz von Prozessmanagement und Technologien bei alternativen Anbietern ermöglicht es, Risiken auf einer detaillierteren Ebene zu managen. Er bietet auch einen besseren Zugang zu Daten und Transparenz in den Prozessen. Dies ermöglicht es Unternehmen, Risiken auf neue Weise zu identifizieren, zu messen und zu steuern.“

Zusammenfassung

Die Prioritäten der CEOs für 2021 deuten darauf hin, dass Rechtsabteilungen in absehbarer Zukunft unter erheblichem Druck stehen werden, die gegenwärtigen Prozesse umzudenken und ihr Handeln anzupassen. Sicherlich steht die Kostenkontrolle auf der Agenda, doch die Maximierung der Wertschöpfung der Rechtsabteilung für das Unternehmen scheint für die CEOs am wichtigsten zu sein.

In den nächsten 18 bis 24 Monaten, wenn sich die Weltwirtschaft wieder erholen wird, wird es von entscheidender Bedeutung sein, das Wachstum und das Geschäft im Allgemeinen zu fördern. Ebenfalls entscheidend wird die Unterstützung bei der Umgestaltung des Risikomanagements sein, um es Unternehmen zu ermöglichen, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und sich vor zukünftigen Schwierigkeiten zu schützen.

Interviews mit Führungskräften aus der Rechtsabteilung, der Beschaffung, dem kaufmännischen Vertragswesen und anderen Abteilungen legen nahe, dass der Wandel in den meisten Rechtsfunktionen bereits im Gange ist. Fortschrittliche Strategien sind bereits weit verbreitet, um Teile von Abteilungen zu optimieren. Die Ausweitung dieser Initiativen und die Maximierung ihrer Effektivität wird die primäre Herausforderung für Leiter von Rechtsabteilungen im Jahr 2021 und darüber hinaus sein.

Der Erfolg von Rechtsabteilungen in diesem Bereich wird letztlich daran gemessen werden, wie sie sich an der allgemeinen Geschäftsstrategie ausrichten, wie sie das Risikomanagement erfolgreich umgestalten und was sie zum Wachstum ihres Unternehmens beitragen können.

Fazit

Die General Counsels sind weiterhin dabei, Teile der Rechtsabteilung zu optimieren. Innovative Ansätze zu finden und deren Effektivität zu maximieren wird die primäre Herausforderung für die kommenden Jahre sein.

Über diesen Artikel

Von Felix Rackwitz, MBA

Partner | Head of Integrated Legal Solutions | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Felix Rackwitz ist Rechtsanwalt bei EY Law und leitet den Bereich Integrated Legal Solutions.

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