Die Verordnung EU 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit (engl. General Product Safety Regulation, kurz: GPSR) wurde am 23. Mai 2023 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und löst die Produktsicherheitsrichtlinie aus dem Jahr 2001 ab, welche zum 13. Dezember 2024 aufgehoben ist. Der Wandel zum digitalen Zeitalter hat eine Aktualisierung erforderlich gemacht, um die Vorschriften zur Produktsicherheit an die digitalen und technologischen Entwicklungen anzupassen. Damit wird ein voll harmonisierter Rechtsrahmen innerhalb der EU geschaffen, der Mitgliedsstaaten keinen Spielraum für Abweichungen lässt.
Die neuen Vorschriften gelten für Wirtschaftsakteure (u. a. Hersteller, Importeure, Händler) und wurden im Anwendungsbereich erweitert um die sog Fulfilment-Dienstleister (Anbieter z. B. von Lagerhaltung, Versand oder Verpackung), Online-Unternehmen und Online-Marktplätze.
Zentrale Pflichten
Die neuen Vorschriften sehen ein abgestuftes Pflichtensystem vor. Hersteller oder Importeure bspw. müssen gewährleisten, dass die von ihnen in den Verkehr gebrachten Produkte „sicher“ sind. Händler müssen sich vergewissern, dass die Produkte die erforderlichen Informationen zur Identifizierung enthalten. Eine wesentliche Pflicht der Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen umfasst die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, unter der sie kontaktiert werden können. Diese Informationen sowie die aus Sicht des Verbrauchers relevanten Sicherheitsinformationen und Anweisungen zum Produkt sind als erkennbare und lesbare Elemente auf dem Produkt selbst oder der Verpackung anzubringen. Die Wirtschaftsakteure und Online-Marktplätze müssen mit den Marktüberwachungsbehörden zusammenarbeiten, um die Produktsicherheit zu gewährleisten, und darüber hinaus ein Webportal einrichten und benutzen, das die Rückverfolgbarkeit der Produkte ermöglicht (Safety Business Gateway).
Hersteller müssen eine interne Risikoanalyse durchführen und eine allgemeine Produktbeschreibung mit sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Produkts erstellen. Sie haben die Konformität der Produkte mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot sicherzustellen und notfalls Korrekturmaßnahmen, wie Produktrücknahme oder -rückruf, zu ergreifen. Daneben müssen öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle errichtet und eingehende Beschwerden in einem internen Beschwerdeverzeichnis geführt und untersucht werden.
Im Falle von Rückrufaktionen haben auch Anbieter von Online-Marktplätzen die notwendigen Informationen für Verbraucher zügig bereitzustellen. Es besteht die Pflicht zur Registrierung im Safety-Gate-Portal (einem von der Kommission zu unterhaltenden Schnellwarnsystem für Verbraucher), einschließlich der Pflicht, Angaben zur jeweiligen zentralen Anlaufstelle zu hinterlegen.
Pflicht zur Abhilfe im Fall des Produktrückrufs
Über einen Produktrückruf müssen die Verbraucher direkt, in leicht verständlicher Sprache und unverzüglich schriftlich informiert werden. Hierbei werden die vom Verbraucher erhobenen Daten für Rückrufe und Sicherheitswarnungen genutzt.
Darüber hinaus müssen zwei der nachfolgenden Maßnahmen kostenlos angeboten werden:
- Reparatur des zurückgerufenen Produkts,
- Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs mit mindestens demselben Wert und derselben Qualität oder
- angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts (mindestens der vom Verbraucher gezahlte Preis).
Faktisch schafft die Verordnung eine produktsicherheitsrechtliche Gewährleistung im Fall des Produktrückrufs, was Auswirkungen auf die Preisgestaltung erwarten lässt.