4 Minuten Lesezeit 16 September 2021
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Das GesRuaCOVBekG /COVMG („Virtuelle Hauptversammlung“) wird durch das Aufbauhilfegesetz 2021 erneut verlängert.

Überblick
  • Mit dem am 07.09.2021 vom Bundestag beschlossenen Aufbauhilfegesetz 2021 (AufbhG 2021) verlängert der Gesetzgeber zur weiteren Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie Erleichterungen im Gesellschafts- und Vereinsrecht bis zum 31.08.2022.
  • Eine abermalige Verlängerung der Höchstfrist des Stichtags der Schlussbilanz zum Umwandlungsgesetz (§ 17 Abs. 4 Satz 2 UmwG), die über § 2 UmwStG grundsätzlich auch für Zwecke des Umwandlungssteuergesetzes gilt, wurde dagegen nicht vorgesehen.

Mit dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschaftsrechts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentümerrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27.03.2020 (BGBl. I, S. 569 f.) (GesRuaCOVBekG bzw. COVMG) hat der Gesetzgeber in Reaktion auf die nach Ausbruch der Corona-Pandemie zahlreichen Kontaktbeschränkungen und Versammlungsverbote Verbänden, deren Beschlussfassung grundsätzlich auf ein physisches Zusammentreffen der Mitglieder bzw. Organmitglieder angewiesen ist, kurzfristig ein Instrumentarium an die Hand gegeben, um Abstimmungen ohne die Notwendigkeit der persönlichen Zusammenkunft an einem physischen Ort zu ermöglichen. Inhalt und Umfang der Regelungen variieren von Rechtsform zu Rechtsform. Während SEs, AGs und KGaAs ein vergleichsweise umfassendes Sonderregime zur Verfügung gestellt wird, dass insbesondere die Durchführung einer rein virtuellen Hauptversammlung zulässt, fallen die Vorschriften für die anderen Rechtsformen deutlich weniger umfassend aus.

Ursprünglich befristet auf den 31.12.2020 wurde das COVMG mittlerweile einmal – bis zum 31.12.2021 – verlängert und einmal ergänzt, Letzteres insbesondere um klarzustellen, dass auch den im Einzelfall mitgliederstarken Vereinen die Option einer rein virtuellen Mitgliederversammlung zur Verfügung steht. 

Nach der aktuellen Rechtslage würden die Bestimmungen zum Jahresende auslaufen und könnten damit u. a. in der Hauptversammlungssaison 2022, die sich traditionell auf die Monate April und Mai konzentriert und deren Vorbereitungen weit im Vorfeld der eigentlichen Versammlung beginnen, nicht mehr angewendet werden. Mit Blick auf die weiterhin unklare Fortentwicklung des Pandemiegeschehens haben die Koalitionsfraktionen deshalb die Beratungen des Aufbauhilfegesetzes, das u. a. die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und weitere Erleichterungen für durch die Flutkatastrophe betroffene Unternehmen zum Gegenstand hat, zum Anlass genommen, eine weitere Verlängerung des COVMG in den parlamentarischen Prozess einzubringen. Den entsprechenden Änderungsantrag, der insoweit eine Verlängerung bis zum 31.08.2022 vorsieht, hat der Deutsche Bundestag im Rahmen des Aufbauhilfegesetzes in seiner letzten Sitzung der laufenden Legislaturperiode am 07.09.2021 angenommen. Die Verfahrenserleichterungen des COVMG können damit auch in weiten Teilen des Jahres 2022 in Anspruch genommen werden.

Inhaltlich sind mit der erneuten Verlängerung praktisch keine Änderungen verbunden. Die bisherigen Instrumente – Zulassung virtueller und weiterer Formen der Beschlussfassung in den Organen – sowie die erneute Anordnung des Fortbestands von eigentlich durch Zeitablauf beendeten Bestellungen von Organmitgliedern bleiben erhalten. Unechte Ausnahme von diesem Grundsatz ist insoweit, dass § 4 COVMG, nach dem es genügt, dass die Schlussbilanz bei einem übertragenden Rechtsträger einer Umwandlungsmaßnahme auf einen höchstens zwölf Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist, nicht verlängert wird. Der Verzicht ist allerdings allein dem Umstand geschuldet, dass nach der allgemeinen Regel des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG die Schlussbilanz ohnehin acht Monate alt sein darf. Verwenden Rechtsträger, deren Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, ihren letzten Jahresabschluss (zum 31.12.2021) als Schlussbilanz, kann dieser bereits nach § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG bis zum Außerkrafttreten des COVMG am 31.08.2021 verwendet werden, ohne dass es § 4 COVMG bedürfte.

Etwas überraschend erscheint die Entscheidung, § 1 Abs. 5 COVMG nicht gleichfalls aufzuheben bzw. zu ändern. Hiernach ist es zulässig, dass der Vorstand bestimmt, dass die Hauptversammlung abweichend von § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG innerhalb des Geschäftsjahrs stattfindet. Möglich ist damit, dass der Vorstand noch unter Geltung des COVMG den Hauptversammlungstermin auf einen Zeitpunkt nach dem 31.08.2021 festgelegt und damit auf einen Zeitpunkt, zu dem die Bestimmungen des COVMG, die dazu ermächtigten, bereits außer Kraft getreten sind. Die Sonderbestimmungen des COVMG über die virtuelle Hauptversammlung gelten in diesem Fall zumindest nicht mehr und können nicht für die Hauptversammlung vorgesehen werden.

Wenn auch ohne Niederschlag im vorgeschlagenen Gesetzestext lässt sich der Begründung des Änderungsantrags entnehmen, dass die Koalitionsfraktionen zumindest für die Zeit ab Inkrafttreten der erneuten Verlängerung von einem Primat der regulären Verfahren für die Durchführung von Haupt-, Gesellschafter- und Mitgliederversammlungen ausgehen. Diesbezüglich wird ausgeführt, dass von diesem Instrumentarium im Einzelfall nur dann Gebrauch gemacht werden sollte, wenn dies unter Berücksichtigung des konkreten Pandemiegeschehens und im Hinblick auf die Teilnehmerzahl der jeweiligen Versammlung erforderlich erscheint. Im Zweifel gilt also Rückkehr zur Normalität.

Fazit

Mit Blick auf die nach wie vor völlig offene Entwicklung der Corona-Pandemie, die man in Deutschland zwar mehr oder weniger im Griff zu haben glaubt, bei der man aber vor kurzfristigen dynamischen Entwicklungen praktisch nie sicher ist, wie jüngst das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt, erscheint es angemessen, dass der Bundestag nach dem Vorsichtsprinzip das COVMG weiter zur Verfügung stellt, trotz der im Einzelfall durchaus substanziellen Eingriffe in die Rechte von Aktionären, Gesellschaftern und Mitgliedern. Die Praxis wird zudem den Willen des Gesetzgebers zur Kenntnis zu nehmen haben, Versammlungen und Beschlussfassungen von Verbänden so schnell wie möglich wieder in ihr traditionelles Format zu überführen. Erprobte und für gelungen erachtete Teile des COVMG permanent im Gesetz zu verankern und damit für einen kleinen Digitalisierungsschub im Gesellschaftsrecht zu sorgen wird dem 20. Bundestag vorbehalten bleiben.

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