Fazit
Die Bedeutung der Neuregelungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist nicht zu unterschätzen. Zwar ist festzustellen, dass manches, was die EU-Notfall-Verordnung vorgibt, in Deutschland bereits zuvor im nationalen Recht geregelt wurde, namentlich die Vorrangregelung für erneuerbare Energien in § 2 EEG und die meisten Verfahrensfristen, z. B. für Repowering-Vorhaben von Windenergieanlagen.
Gleichwohl haben die Vorschriften durchaus Bedeutung. So ergänzt die europäische Vorrangregelung die nationale, weil der nationale Gesetzgeber gar nicht die Kompetenz hat, das Gewicht, das bestimmten Belangen nach unionsrechtlichen Vorgaben zukommt, zu modifizieren.
Was die Verfahrensfristen betrifft, bleibt abzuwarten, welche Beschleunigungswirkung sie wirklich entfalten. Dass Genehmigungsverfahren für EE-Anlagen (vor allem Wind) bislang deutlich länger dauern, lag nicht daran, dass es im deutschen Recht an Fristen für das behördliche Verfahren gefehlt hätte. Das eigentliche Problem war und ist die fehlende Steuerungswirkung solcher Fristen, weil häufig streitig ist, ob die Frist überhaupt zu laufen begonnen hat oder ob ausnahmsweise eine Verlängerung geboten ist. Zudem – und dies ist das größte praktische Problem – bestehen praktisch keinerlei Möglichkeiten, die Einhaltung der Fristen durchzusetzen, weil bei Verstreichen der Frist nur der Weg zum Verwaltungsgericht bleibt, der aber seinerseits im Zweifel jahrelange Verzögerungen nach sich zieht, was das Gegenteil von Beschleunigung ist. All diese Probleme lösen auch die neuen Regelungen in der EU-Notfall-VO nicht oder allenfalls in Ansätzen. Gleichwohl besteht die Hoffnung, dass die neuen Fristen im Zusammenspiel mit der Vorrangregelung für erneuerbare Energien insoweit eine Wirkung entfalten, als sie zu einem veränderten Mindset bei der Genehmigungsbehörden führen.
Die unmittelbar größten praktischen Auswirkungen dürften die Modifikationen hinsichtlich UVP und Artenschutz haben, die u. a. in § 6 WindBG geregelt sind. Damit hat der nationale Gesetzgeber die bestehenden Möglichkeiten aus Art. 6 EU-Notfall-VO umfassend ausgeschöpft. Dass der Artenschutz dabei nicht auf der Strecke bleibt, soll dadurch gewährleistet werden, dass die Vorhaben nur in dafür vorgesehenen Gebieten durchgeführt werden, bei deren Ausweisung bereits eine Prüfung stattgefunden hat. Hinzu kommen die verpflichtenden Minderungsmaßnahmen und Ersatzzahlungen, die als Ersatz der artenschutzrechtlichen Prüfung dienen sollen.
Insgesamt fügen sich die neuen Regelungen in die zahlreichen Beschleunigungsbestreben ein, die in jüngster Zeit auf Unionsebene und im nationalen Recht verankert worden sind. Der Wille des europäischen wie auch des nationalen Gesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, ist unverkennbar, auch wenn die Dauer der Genehmigungsverfahren nur einer von vielen Aspekten ist, die optimiert werden müssen, um die massiven Ausbauziele zu erreichen.