3 Minuten Lesezeit 5 März 2024
Carbon

Nationale Carbon Management-Strategie veröffentlicht

Von Christine Hohenstein-Bartholl

Director | Rechtsanwältin | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Christine Hohenstein-Bartholl ist Rechtsanwältin bei EY Law und im Bereich Öffentliches Recht und Öffentliches Wirtschaftsrecht tätig.

3 Minuten Lesezeit 5 März 2024

Das BMWK legt die Eckpunkte seiner Carbon Management-Strategie zum Einsatz von CCS/CCU zusammen mit einem Referentenentwurf vor

Überblick
  • Gegenstand des BMWK-Eckpunktepapiers zur nationalen Carbon Management-Strategie ist das Abscheiden und Speichern bzw. Nutzen von CO₂, auch bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS) bzw. Carbon Capture and Utilization (CCU).
  • Das BMWK betont, dass CCS/CCU einen Beitrag auf dem Weg zu Klimaneutralität leisten muss, und spricht insoweit von einer Richtungsentscheidung. Der Fokus von CCS/CCU liegt hierbei auf Emissionen in der Industrie, die nur schwer oder gar nicht zu vermeiden sind. Ausdrücklich genannt werden die Herstellung von Zement und Kalk sowie die thermische Abfallbehandlung.
  • CCS/CCU soll in Deutschland künftig über einen pipelinegestützten Transport und mittels Offshore-Speicherung ermöglicht werden, Meeresschutzgebiete werden ausgenommen. Weitere Einzelheiten enthält ein ebenfalls veröffentlichter Referentenentwurf für ein Gesetz zur dauerhaften Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid (Kohlendioxid-Speicherungs- und - Transportgesetz – KSpTG).

Das BMWK hat am 26. Februar 2024 die Eckpunkte für die deutsche Carbon Management-Strategie und einen darauf basierenden Referentenentwurf für ein Gesetz zur dauerhaften Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid (Kohlendioxid-Speicherungs- und - Transportgesetz – KSpTG) vorgelegt.

Der strategische Fokus des in dem Eckpunktepapier geforderten Einsatzes von Dekarbonisierungstechnologien soll dabei auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen liegen. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, für diejenigen Industrien, die aufgrund ihrer unvermeidbaren Prozessemissionen zunehmend unter Handlungsdruck geraten – zum Beispiel die Zement- und Kalkindustrie, Bereiche der Grundstoffchemie und die Abfallverbrennung.

Die Eckpunkte für die Carbon Management-Strategie und der Referentenentwurf zum KSpTG wurden auf der Grundlage des Ende 2022 veröffentlichten Evaluierungsberichts zum aktuell noch geltenden Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) erarbeitet. Bei dem zuvor durchgeführten Stakeholderdialog von März bis August 2023 waren Vertreterinnen und Vertreter aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft einbezogen. Dabei wurden Fragen zu Quellen, Transport, Nutzung und Speicherung von CO₂ in Deutschland diskutiert.

Die Carbon Management-Strategie steht im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer nationaler, supranationaler und internationaler Instrumente zur Erfüllung der festgelegten Klimaschutzziele. Vor kurzem hat auch die Europäische Kommission die europaweite Anwendung der CCUS-Technologien u. a. über den Net Zero Industry Act vorangetrieben. Am 6. Februar 2024 wurde zudem eine Mitteilung der Kommission zu einer Industrial Carbon Management Strategy veröffentlicht.

Das BMWK betont, dass die nationale Carbon Management-Strategie nur eine von vielen Maßnahmen auf dem Weg zu einer klimaneutralen deutschen Industrienation ist, zu denen unter anderem der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Dekarbonisierung der Industrie, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, der Ausbau der E-Mobilität, die Stärkung des Emissionshandels, die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung und die Wärmewende im Gebäudesektor gehören. Übergeordnetes Ziel all dieser Maßnahmen ist die Vermeidung von Emissionen.

Kerninhalte des Eckpunktepapiers

Die Kerninhalte des Eckpunktepapiers zur nationalen Carbon Management-Strategie und des Referentenentwurfs zum KSpTG sind:

  • Da Emissionen in bestimmten Bereichen (Zement- oder Kalkindustrie, Bereiche der Grundstoffchemie, thermische Abfallverbrennung) nur schwer oder anderweitig nicht vermeidbar sind, werden die momentan bestehenden Hürden für die Anwendung von CCS/CCU in Deutschland beseitigt.
  • Um klimaschädliche Emissionen in der Stromerzeugung zu vermeiden, wird auf den beschleunigten Ausbau Erneuerbarer Energien sowie auf den in der Kraftwerksstrategie beschriebenen Kapazitätsmechanismus und, im Vorgriff darauf, auf den Neubau von Gaskraftwerken gesetzt, die auf Wasserstoff umgestellt werden können. Für Verstromungsanlagen mit gasförmigen Energieträgern oder Biomasse wird die Anwendung von CCS/CCU im Sinne eines technologieoffenen Übergangs zu einem klimaneutralen Stromsystem ebenfalls ermöglicht, aber jedenfalls bei fossilen Energieträgern nicht gefördert. Es bleibt beim Kohleausstieg; für Emissionen aus der Kohle-Verstromung wird der Zugang zu CO₂-Pipelines ausgeschlossen.
  • Die staatliche Förderung für CCS/CCU wird auf schwer oder nicht vermeidbare Emissionen fokussiert.
  • Um mit dem Bau von CO₂-Pipelines in privater Trägerschaft innerhalb eines staatlichen Regulierungsrahmens beginnen zu können, wird das KSpG geändert und insbesondere auf den Transport erstreckt (daher künftig: KSpTG). Konkret wird im Referentenentwurf ein einheitliches Zulassungsregime für Kohlendioxidleitungen geschaffen. Hierbei werden klare Verfahrensregeln festgelegt für Kohlendioxidleitungen, und zwar für Kohlendioxidleitungen zum Zwecke von CCS/CCU sowie für gemischt genutzte Kohlendioxidleitungen.
  • Die Änderung des London-Protokolls zur Ermöglichung des CO₂-Exports zwecks Offshore-Speicherung wird ratifiziert. Die hierfür notwendigen Änderungen am Hohe-See-Einbringungsgesetz werden vorgenommen.
  • Die Erkundung von Offshore-Speicherstätten in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bzw. dem Festlandsockel wird gesetzlich ermöglicht. Bei nachgewiesener Standorteignung, unter Berücksichtigung von Sicherheitsstandards und ökologischen Kriterien sowie bei Ausschluss einer Übernutzung des Meeres können entsprechende Speicher für die industrielle Nutzung erschlossen werden. Eine Injektion von Kohlendioxid in Meeresschutzgebieten ist ausgeschlossen.
  • Dagegen wird die dauerhafte Speicherung von CO₂ im geologischen Untergrund auf dem Gebiet des deutschen Festlands (onshore) weiterhin nicht ermöglicht.

Fazit

Mit dem CMS-Eckpunktepapier und dem KSpTG-Referentenentwurf kommt CCS und CCU auch in Deutschland einen Schritt weiter. Denn ohne CCS/CCU wird Klimaneutralität insbesondere in Industriesektoren, in denen Prozessemissionen schwer oder nicht vermeidbar sind, nicht zu erreichen sein. Zu begrüßen ist einerseits insbesondere, dass mit dem KSpTG künftig sämtliche Nutzungen von Kohlendioxidleitungen erfasst sein sollen, also Nutzungen für CCS- und/oder für CCU-Zwecke. Andererseits muss kritisiert werden, dass die für CCU geltenden Einschränkungen aus der Delegierten Verordnung (EU) 2023/1185 ab dem Jahre 2035 hier nicht aufgegriffen werden. Das führt zu Rechtsunsicherheiten, und kann sich nachteilig auf CCU-Business-Cases, beispielsweise in der Zementindustrie, auswirken.

Über diesen Artikel

Von Christine Hohenstein-Bartholl

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Christine Hohenstein-Bartholl ist Rechtsanwältin bei EY Law und im Bereich Öffentliches Recht und Öffentliches Wirtschaftsrecht tätig.