3 Minuten Lesezeit 3 Februar 2022
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Die neuen Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL)

Von Christoph Fabritius

Partner | Infrastructure Markets Leader Tax & Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Leidenschaftlicher Prozessanwalt und Berater. Begeisterter Düsseldorfer, wo er mit der Familie lebt. Liebt auch die Ruhe, beim Snowboarden, Segeln und Golfen.

3 Minuten Lesezeit 3 Februar 2022

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Die EU-Kommission passt mit den neuen KUEBLL die Voraussetzungen für mit dem europäischen Binnenmarkt noch vereinbare staatliche Beihilfen sowie die Prüfungskriterien für einzelne Fördermaßnahmen durch Mitgliedstaaten in den Bereichen Klima, Umweltschutz und Energie an.

Überblick
  • Die KUEBLL ersetzen die bisherigen Leitlinien der EU-Kommission und führen diese im Kern fort. Die EU-Kommission berücksichtigt insbesondere zwischenzeitlich in Kraft getretene Gesetze, ihre jüngere Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung der Unionsgerichte in den neuen KUEBLL.
  • Außerdem wurden vereinzelt neue Maßnahmen aufgenommen, insbesondere Beihilfen für die Abkehr von Kohle, Torf und Ölschiefer sowie solche für den Erwerb oder das Leasing von „sauberen Fahrzeugen“. 
  • Wesentliche Erleichterungen werden durch neue Kriterien für das Förderdesign für Beihilfen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und insbesondere zum Ausbau erneuerbarer Energien eingeführt.
  • Wenn die Bundesregierung ihre angekündigten Vorhaben umsetzt und die EEG-Umlage ab 2023 (oder noch früher) abschafft, werden sich die KUEBLL wohl zunächst vor allem auf die KWKG- und die Offshore-Netzumlage auswirken. Das BAFA hat zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass selbst bei einer vollständigen Abschaffung der EEG-Umlage nach gegenwärtigem Kenntnisstand Begrenzungsbescheide nach §§ 64, 64a EEG 2021 auch im kommenden Jahr eine Begrenzungswirkung entfalten können.

Die EU-Kommission hat am 21. Dezember 2021 die neuen Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL) gebilligt. In den Leitlinien sind die neuen Voraussetzungen festgelegt, unter denen staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten in den Bereichen Klima, Umweltschutz und Energie als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Weiter sind die Kriterien dargelegt, die die Kommission bei der Prüfung von Fördermaßnahmen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zugrunde legt. Seit förmlicher Annahme der KUEBLL im Januar 2022 sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihre bestehenden Regelungen ab 2024 mit den neuen Vorschriften in Einklang zu bringen. Mit den KUEBLL möchte die EU-Kommission wichtige Anpassungen an ihre strategischen Ziele des Green Deals sowie an die bisherigen Legislativvorschläge im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets sicherstellen.

Grundlegendes zu den KUEBLL

Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung von Unternehmen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, grundsätzlich verboten. Allerdings kann nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV eine Beihilfemaßnahme von der EU-Kommission dann genehmigt werden, wenn sie einen Wirtschaftszweig in der Entwicklung fördert und die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Art und Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

Hinsichtlich dieser Ausnahmemöglichkeit sind die KUEBLL relevant. Denn die EU-Kommission erachtet insbesondere Beihilfen, die die Förderung des Klima- und Umweltschutzes sowie den Energiebereich betreffen, als von dieser Ausnahme erfasst. Zur Auslegung hat sie hierzu eigens Leitlinien (bis zum 31. Dezember 2021 noch UEBLL und ab 2022 nun KUEBLL) veröffentlicht.

Dabei haben Leitlinien mithin (nur) eine indirekte Rechtswirkung. In der Praxis sind sie jedoch von großer Bedeutung, da sie als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift die Vorgehensweise der EU-Kommission bestimmen und deren Vorgehen rechtssicherer machen.

Anknüpfungspunkt der KUEBLL – erfasste Branchen nach Anhang 1 der KUEBLL

Wie die bisherigen Beihilfeleitlinien unterteilen auch die KUEBLL verschiedene Wirtschaftszweige in solche, die ein Risiko der Standortverlagerung aufweisen, und solche, die ein erhebliches Risiko der Standortverlagerung aufweisen.

Beide Gruppen unterscheiden sich anhand der Kriterien Handelsintensität und Stromintensität. Für die Annahme eines erheblichen Risikos von Standortverlagerungen müssen die Handelsintensität und die Stromintensität jeweils für sich betrachtet mindestens 5 Prozent erreichen oder als Kombination multipliziert mindestens 2 Prozent (sog. Liste-1-Branchen). Die hierunter fallenden Wirtschaftszweige sind in der ersten Liste des Anhangs 1 der KUEBLL aufgeführt. Für die Annahme eines Wirtschaftszweigs mit dem Risiko einer Standortverlagerung, ist eine Handelsintensität von mindestens 4 Prozent und eine Stromkostenintensität von mindestens 5 Prozent oder als Kombination multipliziert mindestens 0,6 Prozent erforderlich (sog. Liste-2-Branchen). Die dazu gehörenden Wirtschaftszweige sind in einer zweiten Liste des Anhangs der KUEBLL benannt. Anders als bislang sind die Listen weniger starr angelegt, sodass Branchen und Unternehmen, die nicht länger im Anhang gelistet sind, nicht gänzlich von einer Möglichkeit der Stromabgabenermäßigung ausgeschlossen werden. Vielmehr können (und müssen) sie anhand geprüfter Daten eines Dreijahreszeitraums nachweisen, dass die Voraussetzungen für das Risiko oder das erhebliche Risiko von Standortverlagerungen erfüllt sind.

Vorteilhaftere Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen der Liste-1-Branchen

Begünstigte Unternehmen müssen weiterhin einen Anteil an den Stromabgaben von mindestens 15 Prozent bei den Liste-1-Branchen und mindestens 25 Prozent bei den Liste-2-Branchen tragen. Wie bisher kann ergänzend eine Belastungsobergrenze (sog. Cap oder Super Cap) von 0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung bei Liste-1-Branchen und von 1 Prozent der Bruttowertschöpfung bei Liste-2-Branchen greifen. Überdies gilt eine Untergrenze, wonach Entlastungen bei Stromabgaben 0,5 Euro/MWh nicht unterschreiten dürfen.

Ausnahmsweise auch vorteilhaftere Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen der Liste-2-Branchen

Unternehmen der Liste-2-Branchen können nach den neuen KUEBLL unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise von den vorteilhafteren Entlastungsmöglichkeiten der Liste-1-Branchen profitieren. Voraussetzung ist, dass sie mindestens 50 Prozent ihres Stromverbrauchs aus CO2-freien Energiequellen beziehen oder erzeugen, wobei weitere Anforderungen an die CO2-freie Beschaffung oder Erzeugung bestehen.

Neue Anforderungen an Energieaudit sowie Energie- und Umweltmanagementsysteme

Neu ist außerdem, dass begünstigte Unternehmen ein Energieaudit oder ein Energie- und Umweltmanagementsystem nicht nur unterhalten, sondern dessen Empfehlungen entweder umsetzen oder mindestens 50 Prozent der Beihilfe in Vorhaben zur Treibhausgasminderung investieren oder mindestens 30 Prozent des Strombedarfs aus CO2-freien Quellen gedeckt werden müssen.

 

Fazit

Die neuen Leitlinien wirken auf den ersten Blick mit ihrer Aufteilung in 12 Abschnitte etwas unübersichtlich. Im Ergebnis wird aber auf eine Vielzahl wichtiger Fragen adressiert. In der Gesamtschau wirken sich die neuen KUEBLL insbesondere auf die EEG-, die KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage aus. Die Reduzierung von Netzentgelten soll Abschnitt 4.11 der KUEBLL indes ausdrücklich nicht betreffen. Sofern die Bundesregierung ihr Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umsetzt und die EEG-Umlage ab spätestens 2023 abschafft, werden sich die KUEBLL zunächst also insbesondere auf die KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage beziehen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang zukünftige Entlastungen bei der Strom- und Energiesteuer oder Ausnahmen von den Belastungen des BEHG ebenfalls von den Vorgaben und Festlegungen der KUEBLL geprägt werden. Einen unmittelbaren Einfluss auf die Begrenzungsbescheide des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für 2022 haben die neuen KUEBLL zunächst nicht. Das BAFA hat am 2. Februar 2022 in seinen Hinweisen zum Antragsverfahren 2022 zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass selbst bei einer vollständigen Abschaffung der EEG-Umlage nach gegenwärtigem Kenntnisstand Begrenzungsbescheide nach §§ 64, 64a EEG 2021 auch im kommenden Jahr eine Begrenzungswirkung entfalten können, da sie unmittelbar auch zu einer Begrenzung der KWKG- und der Offshore-Netzumlage genutzt werden können. Folglich wird das BAFA im Jahr 2022 das reguläre Antragsverfahren auf der Basis des geltenden Rechts anbieten. Eine neue Rechtsgrundlage für die Besondere Ausgleichsregelung könnte anschließend ab dem Antragsjahr 2023 wirksam werden und dabei auch die Anforderungen aus den KUEBLL umsetzen.

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