4 Minuten Lesezeit 11 Februar 2021
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Neues vom Wasserstoff - Wie die Änderung des EnWG den Markthochlauf unterstützen soll

Von Christoph Fabritius

Partner | Infrastructure Markets Leader Tax & Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Leidenschaftlicher Prozessanwalt und Berater. Begeisterter Düsseldorfer, wo er mit der Familie lebt. Liebt auch die Ruhe, beim Snowboarden, Segeln und Golfen.

4 Minuten Lesezeit 11 Februar 2021

Nachdem die Bundesregierung erst im Juni letzten Jahres die Nationale Wasserstoffstrategie veröffentlicht hat, liegt seit Mitte Februar 2021 ein Gesetzesentwurf für ein Regulierungsregime für reine Wasserstoffnetze vor.

Überblick
  • Wasserstoffnetze sollen im Energiewirtschaftsrecht berücksichtigt werden. Über einen Opt-in-Ansatz sollen Wasserstoffnetzbetreiber selbst entscheiden, ob sie ihre Netze der Regulierung unterwerfen wollen.
  • Entscheidet sich der Wasserstoffnetzbetreiber für die Regulierung, so gilt dies umfassend für Zugangs- und Entgeltregulierung wie auch für die Entflechtung.
  • Quersubventionierungen zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen sollen verhindert werden.
  • Bestehende Gestattungs- und Konzessionsverträge für Gas sollen die Wasserstoffleitungen mit umfassen bzw. weiterlaufen.

Der Gesetzgeber will dadurch bestehende Rechtsunsicherheiten beim Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur beseitigen und den Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit geben. Dieser Gesetzesentwurf enthält nochmals wesentliche Änderungen gegenüber dem im Januar 2021 veröffentlichten Referentenentwurf.

Am 10. Februar hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf für eine Verankerung eines Regulierungsregimes für Wasserstoffnetze im EnWG beschlossen. Ziel ist es, einen gesetzlichen Rahmen für einen Einstieg in eine Wasserstoffnetzinfrastruktur zu schaffen, auf dessen Basis der Markthochlauf von Wasserstoff schnell voranschreiten kann. Denn im Moment beschränken sich die in Deutschland verfügbaren Wasserstoffnetze weitgehend auf direkte Versorgungsleitungen, die insbesondere von der chemischen Industrie genutzt werden.

Opt-in-Ansatz für Wasserstoffnetzbetreiber

Zentraler Punkt des Gesetzentwurfs ist, dass sich die Wasserstoffnetzbetreiber selbst entscheiden sollen, ob ihre Netze der Regulierung nach den §§ 28j ff. EnWG-E unterliegen sollen („Opt-in“). Der Gesetzgeber hat sich somit grundsätzlich gegen eine verpflichtende Unterwerfung aller bestehenden und künftigen Wasserstoffleitungen und -netze unter ein Regulierungsregime entschieden. Gegenüber dem Referentenentwurf wurde in den Gesetzesentwurf in § 28j Abs. 3 S. 3 EnWG-E allerdings neu aufgenommen, dass die Erklärung, sich der Regulierung zu unterwerfen, unwiderruflich ist und unbefristet für alle Wasserstoffnetze eines Betreibers gilt.

Rechnungslegung und Buchführung

Sofern sich die Betreiber von Wasserstoffnetzen der Regulierung unterwerfen, sind sie rechtsformunabhängig zum Aufstellen eines Jahresabschlusses und eines Lageberichts für Kapitalgesellschaften nach dem HGB verpflichtet und haben ggfls. gesonderte Tätigkeitsabschlüsse nach § 6b EnWG aufzustellen. Werden diese Obliegenheiten verletzt, sieht nunmehr § 28l EnWG-E die Anwendung der Ordnungsgeldvorschriften nach dem HGB vor.

Modell des verhandelten Netzzugangs

Der Anschluss und der Zugang zur Wasserstoffinfrastruktur sollen zwar – ebenso wie im Strom- und Gasbereich – zu angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt werden, allerdings im Wege des verhandelten Netzzugangs. Das war die Zugangsalternative, die zunächst auch bei der Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes galt. Bei Wasserstoffnetzen erfolgt die Entgeltregulierung jedoch von Anfang an kostenbasiert und die Regulierungsbehörde kann diese festlegen oder genehmigen. Zudem dürfte aufgrund einer Verordnungsermächtigung in § 28n Abs. 4 EnWG-E über kurz oder lang eine diesbezügliche Verordnung erlassen werden. Die Geschäftsbedingungen für den Netzzugang sind nunmehr auf der Internetseite des Betreibers zu veröffentlichen.

Entflechtungsregeln für Wasserstoffnetze

Entscheidet sich der Netzbetreiber für die Regulierung, unterliegt er nach dem Gesetzesentwurf auch der Entflechtung. Für Wasserstoffnetze werden in §§ 28k und 28m EnWG-E eigene Entflechtungsregelungen geschaffen. Diese sehen neben einem buchhalterischen und einem informatorischen Unbundling vor, dass der Netzbetrieb unabhängig von den Bereichen Wasserstoffnutzung, -speicherung und -vertrieb geführt werden soll. Im Referentenentwurf war noch vorgesehen, dass Energieversorgungsunternehmen zum Legal Unbundling (also der gesellschaftsrechtlichen Trennung des Wasserstoffnetzbetriebs von den übrigen Aktivitäten) verpflichtet waren. Dies wurde in den Gesetzesentwurf nicht mit übernommen.

Überleitung von Wegenutzungsrechten

Bezüglich der vielfach diskutierten Frage der erforderlichen Wegenutzungsrechte und Dienstbarkeiten für die Wasserstoffleitungen zeigt der Gesetzentwurf in § 113a EnWG-E einen vermeintlich einfachen Lösungsweg auf: Für Gas abgeschlossene Gestattungsverträge, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten und „sonstige Vereinbarungen“ sollen nach dem Gesetzentwurf „im Zweifel“ so ausgelegt werden, dass sie auch Wasserstoffleitungen erfassen. Gas-Konzessionsverträge sollen zudem im Falle einer Umnutzung weiterlaufen und die Konzessionsabgabenordnung (weiterhin) entsprechende Anwendung finden.

Fazit

Die Entwicklungen im Bereich Wasserstoff sind sehr dynamisch und werden auch auf europäischer Ebene im Zuge des im Dezember 2019 veröffentlichten Green Deals weiter vorangetrieben. Der Gesetzentwurf wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, z. B. unter welchen Voraussetzungen es sinnvoll ist, sich freiwillig der Regulierung zu unterwerfen oder ob der laufende Konzessionsvertrag bzw. weitere Vereinbarungen z. B. nur teilweise in einen Wasserstoff-Konzessionsvertrag umgewidmet werden können. Hierzu und auch zu allen anderen Fragen zum Thema Wasserstoff unterstützen wir Sie mit unserem interdisziplinären EY-Wasserstoff-Kompetenzteam – und selbstverständlich auch bei der Konzeptionierung und Gründung Ihrer Wasserstoffnetz-Gesellschaft.

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