3 Minuten Lesezeit 18 Mai 2021
Wald

Verordnung zur Förderung von Wasserstoff nach § 69b EEG

Von Christoph Fabritius

Partner | Infrastructure Markets Leader Tax & Law | Rechtsanwalt | Ernst & Young Law GmbH | Deutschland

Leidenschaftlicher Prozessanwalt und Berater. Begeisterter Düsseldorfer, wo er mit der Familie lebt. Liebt auch die Ruhe, beim Snowboarden, Segeln und Golfen.

3 Minuten Lesezeit 18 Mai 2021

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Ab wann ist Wasserstoff grün?

Überblick
  • Als Beitrag zur Dekarbonisierung sollen in Deutschland bis 2030 14 TWh grüner Wasserstoff pro Jahr produziert werden.
  • Zur Erreichung dieser Ziele sieht der neue § 69b EEG vor, die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage vollständig zu befreien.
  • Mit dem ersten Verordnungsentwurf stellt das BMWi nun klare Anforderungen an den Begriff „grün“.

Mit dem am 12. Mai 2021 veröffentlichten Entwurf einer Verordnung zur „Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ hat das BMWi zur Förderung von Wasserstoff Stellung genommen. Demnach gelten die Anforderungen an grünen Wasserstoff – zunächst – nur im Rahmen von § 69b EEG, der eine vollständige Befreiung von der EEG-Umlage vorsieht. Eine Reduzierung der EEG-Umlage auf grundsätzlich 15 % im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung (§§ 64, 64a EEG) bleibt somit für Elektrolyseverfahren auch bei Graustrombezug möglich. Laut Verordnungsbegründung hat sich das BMWi dabei bewusst dagegen entschieden, in diesem Bereich ebenfalls Grünstromanforderungen einzuführen, sodass entgegen §§ 64 Abs. 8, 93 EEG mit einer solchen Beschränkung derzeit nicht zu rechnen ist.

Voraussetzungen für grünen Wasserstoff

Bislang war weitestgehend unklar, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit Wasserstoff als grün i. S. d. § 69b EEG anzusehen ist. Im März 2021 wurde hierzu erstmals ein Diskussionspapier veröffentlicht, das auf der Grundlage von § 93 EEG verschiedene Anknüpfungspunkte u. a. in Bezug auf Anlagenstandort, Erzeugungsmix und Systemdienlichkeit vorsah.

Laut Verordnungsentwurf müssen nunmehr drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

(1) Der zur Produktion benötigte Strom darf ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammen, wobei er zu mindestens 85 % aus der Preiszone für Deutschland stammen muss und maximal zu 15 % aus Anlagen, die in einer mit Deutschland elektrisch verbundenen Preiszone liegen.
(2) Der Erzeugungsstrom darf weder nach dem EEG noch nach dem KWKG gefördert werden.
(3) Der Wasserstoff muss innerhalb der ersten 6.000 Vollbenutzungsstunden produziert worden sein.

Insbesondere bei der letzten Voraussetzung ist derzeit unklar, ob damit eine jährliche Begrenzung oder sogar ein Gesamt-Cap gemeint ist. Insoweit fehlt es im Verordnungstext an einem kalenderjährlichen Bezug. Ein Gesamt-Cap wäre jedoch ein Paukenschlag für die gesamte Wasserstoffwirtschaft. Je nach Größe und geplanter Produktionskapazität dürfte die Förderung in diesem Fall nur für das erste Jahr bzw. die ersten Jahre gelten. § 69b EEG würde damit zur bloßen Übergangsregelung degradiert, weshalb wir davon ausgehen, dass die 6.000 Vollbenutzungsstunden jährlich Anwendung finden. Es bleibt zu hoffen, dass der Verordnungsgeber diese Ungenauigkeit vor der finalen Verabschiedung korrigiert.

Im Übrigen gibt der Verordnungsentwurf insbesondere Auskunft über die Herkunft des Stroms. Hier gilt für Strom aus der deutschen Preiszone ein engmaschiger Nachweis über sog. gekoppelte Herkunftsnachweise. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der bilanziell gelieferte Strom und der Herkunftsnachweis von derselben EE-Anlage stammen, d. h. Verkäufer des Stroms und Inhaber des Herkunftsnachweises identisch sind. Etwas anders gilt vorerst für Strom aus dem Ausland. Hier reichen zum Nachweis einfache Herkunftsnachweise, die theoretisch auch separat gekauft werden können, um Graustrom „grün“ zu machen.

Soweit der Strom nicht durch das Netz der allgemeinen Versorgung durchgeleitet wird, muss vergleichbar mit der Eigenversorgung eine Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch sichergestellt sein.

Nachweispflicht für Anlagenbetreiber

Für die Inanspruchnahme der Privilegierung müssen Anlagenbetreiber jeweils für das Vorjahr zum 31. Mai eines Jahres eine Meldung beim regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber abgeben. Mit der Meldung sind neben den Stromverbrauchsmengen insbesondere die Zahl der Vollbenutzungsstunden sowie die Entwertung entsprechender Herkunftsnachweise anzugeben. Die Meldung muss von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden.

Was kommt als Nächstes?

Bis zum 17. Mai 2021 hatten Verbände die Möglichkeit zur Stellungnahme. Nun wird der Verordnungsentwurf finalisiert und gem. § 96 Abs. 4 EEG bis zum 30. Juni 2021 verabschiedet.

Im Übrigen sieht die Verordnungsbegründung bereits heute potenzielle Änderungen vor. So wird derzeit geprüft, wie auch bei ausländischem Strom eine Kopplung zwischen EE-Anlage und Herkunftsnachweis sichergestellt werden kann, um den rein virtuellen Zukauf von Grünstromzertifikaten zu vermeiden. Auf der anderen Seite sollen perspektivisch Standortkriterien auch innerhalb von Deutschland dort eine Rolle bei der Förderung spielen, „wo ein hohes Erneuerbaren-Potenzial und geologische Speicher zur Wasserstoffspeicherung genutzt werden können und ein Zugang zu einer Wasserstoffinfrastruktur möglich ist“. Eine genaue Festlegung hierzu soll aber erst Ende 2023 erfolgen.

Fazit

Der Verordnungsentwurf bringt erstmals Licht ins Dunkel, wann im Sinne des EEG von grünem Wasserstoff auszugehen ist. Angesichts der teilweise auf europäischer Ebene hiervon abweichenden Vorschläge bleibt aber abzuwarten, ob es zukünftig nicht ein einheitliches Begriffsverständnis geben wird.

Auf nationaler Ebene kann die Stromversorgung aus EE-Anlagen aber bereits heute hinreichend über gekoppelte Herkunftsnachweise sichergestellt werden.

Unausgeglichen erscheint im Übrigen das Verhältnis zwischen den einzelnen Fördertatbeständen im EEG, insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 69b EEG auf 6.000 Vollbenutzungsstunden begrenzt werden soll und entgegen §§ 64 Abs. 8, 93 EEG für die Besondere Ausgleichsregelung kein Grünstromerfordernis gilt.

Aus Sicht der Praxis ist somit weiterhin zu empfehlen, jedes Wasserstoffprojekt auf seine Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu analysieren.

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